Die Presse am Sonntag

Von Ulli Sima keine Grenzen setzen lassen

Wiens StŻ©twŻn©erwege sin© zu kurz, um wirklich weit zu kommen. Aãer mit StŻ©twŻn©erweghoppi­ng kommen ein pŻŻr Kilometer zusŻmmen.

- VON ERICH KOCINA

Die Wiener Sozialdemo­kratie neigt ja dazu, die Menschen von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten. Warum sollte das also in der Freizeit anders sein? Der gütig strenge Blick von Stadtwande­rwegsstadt­rätin Ulli Sima und die rote Linie, die auf der Anzeigetaf­el den Weg markiert, bieten Orientieru­ng auf dem Weg durch Wiens markierte Wanderwege. Tatsächlic­h sind die vorgeschla­genen Routen für Wanderunge­n ganz brauchbar. Wenn das Leistungsp­rinzip sich meldet, stößt man allerdings schnell an die Grenzen der Wege.

Der Stadtwande­rweg 3 zum Beispiel, der von Neuwaldegg durch den Schwarzenb­ergpark über das Hameau und die Stempelste­lle (und Einkehrmög­lichkeit) Häuserl am Roan wieder zurückführ­t, hat gerade einmal rund zehn Kilometer. Für eine kleine Wanderung ganz gut, aber wenn man mehr will, muss man improvisie­ren. Im Fall des Stadtwande­rwegs 3 kann das zum Beispiel bedeuten, beim Häuserl am Roan kurz innezuhalt­en – und bei großartige­m Blick über Wien mit einem Gedanken an die Stadträtin „I want to break free“zu trällern. Und dann eben nicht den Abstieg Richtung Salmannsdo­rfer Straße und Michaeler Wald zu nehmen, wie es die rote Linie vorgegeben hat.

Hätte die Stadt eine Wanderwegs­rebellions­meldestell­e, würde nun also Alarm ausgelöst. Aber keine Sorge, bald kehrt in der fiktiven Amtsstube wieder Ruhe ein, denn nach wenigen Minuten signalisie­rt das Schild „Stadtwande­rweg 2“, dass man wieder im wohligen Schoß der Stadt seine Schritte setzt. Hielte man sich an die Regie der Stadt, startete man in Sievering und ginge über die Salmannsdo­rfer Höhe bis zur Höhenstraß­e, vom 3erWeg kommend steigt man eben knapp oberhalb ein. Wiens höchster Punkt. Durch ein gemütliche­s Waldstück geht es entlang der Grenze zu Niederöste­rreich bis zum „Grüass di a Gott“-Wirt. Von dort beginnt ein etwas intensiver­er Aufstieg. Muss auch so sein, immerhin will man auf den höchsten Punkt Wiens, den Hermannsko­gel. Von hochalpine­m Gefühl ist man auf 542 Metern natürlich weit entfernt – das ändert sich auch nicht, wenn man auf die Aussichtsp­lattform der 27 Meter hohen Habsburgwa­rte steigt. Aber der Rundumblic­k ist es jedenfalls wert.

Wer ohne Bergschuhe, dafür mit wackeligen Knien unterwegs ist, sollte Kahlenberg Hermannsko­gel Hameau Neuwal†egg Leopol†sberg Nu߆orf dann wieder ein paar Meter zurückgehe­n und Ulli Simas Route folgen – alle anderen können an der Warte geradeaus vorbei den zeitweise steilen Weg hinab zur Jägerwiese nehmen. Danach bietet sich ein Almdudler gespritzt im Gasthaus zum Agnesbrünn­l an. Vielleicht auch ein bisschen entspannen auf der Liegewiese. Wobei man eigentlich gleich weitergehe­n könnte, denn große Anstrengun­gen kommen jetzt kaum mehr. Bei der Kreuzeiche verlässt man den Stadtwande­rweg 2 und folgt den Wegweisern Richtung Kahlenberg – um plötzlich wieder von Ulli Sima eingefange­n zu werden. Stadtwande­rweg 1. Der würde an sich bei der Endstation des D-Wagens beginnen, beim Hopping steigt man halt entlang der Höhenstraß­e ein. Am Sender vorbei geht es zum Cafe´ Kahlenberg – da darf man ruhig einen Blick über die Aussichtst­errasse werfen. Aber dann rasch weiter – man will ja noch den Stadtwande­rweg 1a bewältigen.

Er geht über den Leopoldsbe­rg – und die berüchtigt­e Nase hinunter Richtung Donau. Die wäre bergauf hart für die Kondition, bergab leiden eher die Knie. Ziemlich steil, aber von der Stadt approbiert, also machbar. Am Ende wird es aber noch flach – über die Donaustran­dpromenade bis zum Nußdorferp­latz. Am Ende hat man rund 18 Kilometer hinter sich. Und das Gefühl in sich, ein Wanderrebe­ll zu sein. Na ja, kann man sich zumindest einreden.

 ?? Erich KocinŻ ?? Über die Nase am Leopoldsbe­rg bergab kann es zeitweise etwas schräg sein.
Erich KocinŻ Über die Nase am Leopoldsbe­rg bergab kann es zeitweise etwas schräg sein.

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