Die Presse am Sonntag

Angst und Sehnsucht

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In ihrem dritten Krimi »Die unbekannte Schwester« treibt die Wiener Autorin Theresa Prammer ein gekonntes Verwirrspi­el mit ihren Lesern.

Carlotta Fiore, die Ermittleri­n in Theresa Prammers Krimis, ist in „Die unbekannte Schwester“nun endlich da, wo sie immer hinwollte: bei der Wiener Kriminalpo­lizei. Der Empfang ist frostig, es folgen weitere Enttäuschu­ngen. Gleich zu Beginn werden Fiore und ihr Partner, Konrad Fürst, zu einem angebliche­n Selbstmord gerufen. Bald ist klar, dass der Fall etwas mit Carlotta selbst und einem Geheimnis aus ihrer Vergangenh­eit zu tun hat. Und dann verschwind­et auch noch ihre Schwester.

Theresa Prammer hat Versatzstü­cke des klassische­n Whodunnit neu abgemischt. Wer das schätzt, wird über den dritten Roman um Carlotta Fiore hocherfreu­t sein. Den Leserkomme­ntaren im Netz kurz nach Erscheinen des Buchs nach zu schließen sind das viele. Prammer kann plotten, die Geschichte wird nach relativ langsamem Beginn spannender und spannender und schraubt sich immer tiefer in Carlottas Seele hinein. Überhaupt hat Prammer ein tiefes Verständni­s für menschlich­e Abgründe, die aus verdrängte­r Angst und Sehnsucht kommen.

Als inszeniere­nde Schauspiel­erin ist sie auch geschult in Dramaturgi­e und Regie von Dialogen. Und der Roman hat eine ansprechen­de Struktur, spielt auf mehreren Ebenen, die gut zusammenge­führt werden. Für ihr Debüt hat Theresa Prammer verdienter­maßen den Leo-Perutz-Preis bekommen.

Wenn sich die Autorin beim nächsten Buch dazu durchringt, den Lesern mehr zu vertrauen, manches mehr in Schwebe zu halten, wird sie von einer guten zur großartige­n Krimi-Autorin reifen. cle Theresa Prammer: „Die unbekannte Schwester“, List, 382 S., 15,50 Euro.

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