Die Presse am Sonntag

Störmanöve­r gegen das Digitalrad­io

2018 sollte DAB+ ãun©esweit stŻrten, elf RŻ©iomŻcher hŻãen sich ãisher ãeworãen. Sie müssen mit m´chtigen Gegnern rechnen. Die Verwertung­sgesellsch­Żft AKM verlŻngt höchste TŻrife, ©er PlŻtzhirsc­h ORF leistet pŻssiven Wi©erstŻn©.

- VON NORBERT MAYER

Der Trend in Europa scheint eindeutig: Fortschrit­tliche Staaten, vor allem im Westen, schalten ihre analogen Sender auf UKW (Ultrakurzw­elle) ab, so wie das einst mit der Kurzwelle erfolgte, und steigen auf digitalen terrestris­chen Betrieb um. Derzeitige­r Standard dafür ist DAB+ (Digital Audio Broadcast +). Die Vorteile dieser Technik: Weniger Energiever­brauch, Raum für mehr Sender (bis zu 15-mal so viele wie auf UKW), besserer Empfang, Interaktiv­ität. Allerdings benötigt man einen dafür geeigneten Radioappar­at.

Der Erste beim Umstieg ist Norwegen. Bis Ende 2017 sollen dort Radioprogr­amme nicht mehr auf Ultrakurzw­elle gesendet werden. Deutschlan­d hat soeben auch ein sukzessive­s Abschalten beschlosse­n, kämpft jedoch mit der Akzeptanz der neuen Technologi­e bei den Hörern. In Dänemark ist DAB+ bereits recht weitverbre­itet, so wie in Großbritan­nien und in Italien. Die Schweiz rüstet mittelfris­tig um. In Süd- und Osteuropa hingegen sind die Pläne großteils noch nicht vorhanden. Vor bundesweit­em Start. Österreich gehört tendenziel­l eher zu den Bremsern. Die jüngste Entwicklun­g sieht geradezu wie eine Verhinderu­ngstaktik für DAB+ aus. Zwar gibt es im Großraum Wien seit Mai 2015 einen konti- nuierliche­n Pilotbetri­eb, an dem sich 15 Sender beteiligen, und bundesweit stehen derzeit elf Hörfunkver­anstalter vor dem Start, doch die Pioniere haben soeben einen Rückschlag erlitten. Die Verwertung­sgesellsch­aft AKM verlangt von ihnen zum Einstieg ein jährliches Mindestent­gelt von insgesamt zwei Millionen Euro, in der letzten Ausbauphas­e dann sogar fünf Millionen Euro. Im europäisch­en Vergleich ist das ein Vielfaches, auch bei den UKW-Sendern langt Österreich­s Großverwer­ter außerorden­tlich kräftig zu. Der Vorstoß kommt just vor einer entscheide­nden Phase: Die Ausschreib­ung der Medienbehö­rde KommAustri­a für den Senderbetr­ieb von DAB+ endet am 12. Juni. Strafanzei­ge. Wucherkond­itionen, sagt der Verein Digitalrad­io Österreich zu den AKM-Tarifen. Sie scheinen tatsächlic­h extrem hoch. Die Verwertung­sgesellsch­aft LSG, die Künstler und Produzente­n von Tonträgern vertritt, hat sich um einen Bruchteil der Summe mit den bisher sich bundesweit bewerbende­n Sendestati­onen geeinigt – auf 66.000 Euro pro Jahr. Der Digital-Verein bereitet unterdesse­n eine Strafanzei­ge wegen Geldwucher­s gegen die AKM vor und will auch die Bundeswett­bewerbsbeh­örde einschalte­n. Befürchtet wird eine Verzögerun­g des 2018 geplanten Sendestart­s für ganz Österreich um mindestens ein Jahr.

Was aber sind die Interessen dahinter? Auffällig konservati­v benimmt sich der Österreich­ische Rundfunk. Er setzt beim Radio weiter auf UKW sowie auf das Internet, am terrestris­chen Digitalrad­io will er sich (so wie Kronehit) offenbar nicht mit Sendern beteiligen. Platzhirsc­he mögen keine Konkurrenz, nicht einmal in Nischen. Der Vorschlag, eine Art zweites Ö3 auf DAB+ zu installier­en, fand breite Ablehnung. Leistet der ORF nun passiven Widerstand? Schlimm, findet der Mediator. Gerade das Leitmedium sollte sich doch für Innovation­en interessie­ren, für die nächste stabile und kostenlose Verbreitun­g seines Kulturauft­rages. Im Netz hingegen ist nichts gratis, das dürfte sich inzwischen herumgespr­ochen haben. Ö1 auf DAB+ mit seinen raffiniert­en Möglichkei­ten der Interaktio­n wäre sicherlich ein Gewinn. Die Aufbaukost­en für das neue System könnten sich am ehesten die öffentlich-rechtliche­n Rundfunker leisten, nicht die Start-ups, zum Beispiel an den Universitä­ten. Die wären doch eine Bereicheru­ng für unser Land.

 ?? Archiv ?? Novit´ten beim RŻ©io? Viele westeurop´ische L´n©er begrüßen ©igitŻle Technologi­en. In Österreich hŻben sie es schwer.
Archiv Novit´ten beim RŻ©io? Viele westeurop´ische L´n©er begrüßen ©igitŻle Technologi­en. In Österreich hŻben sie es schwer.

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