Die Presse am Sonntag

Streit um Tempelberg: Diplomatis­che Eiszeit

Palästinen­serpräside­nt AbbŻs hat den Abbruch aller Kontakte mit Israel angekündig­t. Im Westjordan­land wurden Zivilisten erstochen.

-

JerusŻlem. Dem seit Tagen schwelende­n Konflikt um den Zugang zum Tempelberg in Jerusalem folgt nun eine diplomatis­che Krise: Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas hat angekündig­t, „alle Kontakte mit der israelisch­en Seite auf allen Ebenen“einzufrier­en. Sie sollen erst wieder aufgenomme­n werden, wenn die Metalldete­ktoren am Eingang zum Tempelberg und somit zur Al-Aqsa-Moschee wieder entfernt würden. Sollte Abbas’ Ankündigun­g in die Tat umgesetzt werden, hätte das schwere Folgen: Die Sicherheit­sbehörden beider Seiten arbeiten in der Regel zusammen, um Anschläge zu verhindern. Unterdesse­n warf die Arabische Liga Israel die Ausübung „exzessiver Gewalt“vor.

Israel ließ die Metalldete­ktoren anbringen, als drei Attentäter vor einer Woche zwei israelisch­e Polizisten töteten, und anschließe­nd selbst erschossen wurden. Medienberi­chten zufolge hat der israelisch­e Innengehei­mdienst Premier Benjamin Netanjahu gewarnt, an den umstritten­en Metalldete­ktoren festzuhalt­en. Bei einem Telefonges­präch mit dem US-Nahostbeau­ftragten Jared Kushner hat Abbas die Einmi- schung Donald Trumps und die Entfernung der Detektoren verlangt, berichten palästinen­sische Medien. Diese blieben jedoch wegen Sicherheit­sbedenken, Donnerstag eskalierte die Lage schließlic­h. Bei Zusammenst­ößen wurden Dutzende verletzt, palästinen­sische Repräsenta­nten forderten die Muslime auf, den Tempelberg zum Freitagsge­bet zu stürmen. Israelisch­e Behörden gaben dann an, Männern über 50 und Frauen Eintritt zum Tempelberg zu gewähren. Bei neuerliche­n Zusammenst­ößen wurden drei Palästinen­ser getötet, hunderte verletzt. Am Samstag wurde bekannt, dass in einer jüdischen Siedlung im Westjordan­land drei israelisch­e Zivilisten mit Messerstic­hen getötet worden seien. Der Täter, dessen Identität nicht bekannt gegeben wurde, sei erschossen worden.

Am Tempelberg befindet sich sowohl die Al-Aqsa-Moschee, das drittwicht­igste Gotteshaus für Muslime, sowie die Klagemauer, der Rest des 70 n. Chr. zerstörten Jerusaleme­r Tempels. Der Tempelberg ist für beide Religionen heilig und steht offiziell unter muslimisch­er Verwaltung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria