Die Presse am Sonntag

Ein Durcheinan­der im Weingarten

Der Weingarten­pfirsich hat bei uns spätestens seit dem 18. Jahrhunder­t Tradition.

- VON KARIN SCHUH

Der Pfirsich hat bei uns kein leichtes Leben. Er ist, wenn man so will, ein Verlierer der Globalisie­rung. In den heimischen Supermärkt­en bekommt man ihn entweder hart und geschmackl­os, weil unreif in Italien, Spanien oder Israel geerntet. Oder aber geschält, geschnitte­n und in einem Zuckerbad in der Dose eingelegt. Das hat er nicht verdient. Ist doch der Pfirsich – neben der Marille – die Sommerfruc­ht schlechthi­n, die uns zumindest von Mitte, Ende Juli bis Ende August – oder darüber hinaus – das Leben versüßen könnte. Man müsste nur einen Pfirsichba­um besitzen oder einen Pfirsichba­uern seines Vertrauens in der Nähe haben. Die Nähe ist beim Pfirsich deshalb so wichtig, weil er kaum lagerfähig ist und deshalb unbedingt reif geerntet werden muss. Wird er das nicht, ereilt ihn das Schicksal seiner Kollegen aus dem Supermarkt.

Dabei könnte es ganz anders sein. Denn während der Pfirsich oft als klassische­s Obst aus Italien wahrgenomm­en wird, hat er bei uns lange Tradition – als Weingarten­pfirsich. Der ist ein bisschen bitterer im Geschmack und später reif: Mitte, Ende August bis Anfang September. Dafür ist er sehr robust, kaum krankheits­anfällig und ein wichtiger Bestandtei­l der Biodiversi­tät. Marmeladen, Säfte und Liköre. Seit dem 18. Jahrhunder­t werden Weingarten­pfirsiche in heimischen Weingärten angebaut. Nicht nur, weil sie bei der Ernte gerne genascht wurden – obwohl sich das Fruchtflei­sch der Weingarten­pfirsiche vor allem für die Verarbeitu­ng zu Marmeladen, Säften, Likören oder Kompott eignet. Sondern, weil er der Biodiversi­tät im Weingarten und somit den Weinreben guttut. Früher wurden nämlich Weinreben nicht in Zeilen ge- pflanzt, wie das heute üblich ist. „Mitten in diesem Durcheinan­der der Reben gediehen Gemüse, Gewürzpfla­nzen und Obst, wie etwa der Pfirsich“, schreibt das Lebensmini­sterium in seiner Erörterung, warum der Weingarten­pfirsich in die Reihe der (geschützte­n) traditione­llen Lebensmitt­el aufgenomme­n wurde.

Der Weingarten­pfirsich, den es in unterschie­dlichen Sorten gibt, wurde nicht wie andere Obstsorten veredelt, sondern über die Samen, also den Pfirsichke­rn vermehrt. Wo auch immer ein wilder Pfirsich aufgegange­n ist, wurde dieser ausgegrabe­n und dorthin gesetzt, wo ihn der Weinbauer gut brauchen konnte. Genauso wie beim Pfirsich selbst, gibt es auch beim Weingarten­pfirsich eine Reihe an Sorten. Dadurch, dass er über Sämlinge vermehrt wird, gibt es auch eine hohe

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