Ganz ohne Tipps vom Papa
Fußballerin Laura Feiersinger spielt mit dem Nationalteam erstmals bei einer EM-Endrunde. Mit Vater Wolfgang teilt sie den Namen, schreibt inzwischen aber ihre eigene Erfolgsgeschichte.
Der Name verpflichtet, heißt es, und so ist es auch im Fall von Laura Feiersinger. Vater Wolfgang ist Fußballfans in ganz Österreich ein Begriff, unvergessen sind das Uefa-Cup-Finale mit Austria Salzburg 1994, der Tribünenplatz beim Champions-League-Sieg mit Borussia Dortmund 1997 oder die WMTeilnahme mit dem ÖFB-Team 1998 in Frankreich. Das fußballerische Talent hat Tochter Laura, 24, mit dem berühmten Papa gemein. Als erst fünfte Familie nach Stefan und Leo Lainer, Marcel und Herfried Sabitzer, Thomas und Josef Hickersberger sowie Thomas und Rudolf Flögel sind die Feiersingers in zwei Generationen im jeweiligen A-Team vertreten.
Längst schreibt die Flügelspielerin an ihrer eigenen Erfolgsgeschichte, hat sie mit der erstmaligen Qualifikation der ÖFB-Frauen für eine EM-Endrunde gekrönt, allein der Nachname verlockt stets zum Vergleich. „Das ist eigentlich immer aktuell, es gibt kein Interview ohne dieser Frage“, erzählt die Legionärin beim deutschen SC Sand, die mit 49 Länderspieleinsätzen den Senior (46) bereits überholt hat. „Ich hätte daran überhaupt nicht gedacht, aber die Oma hat es mir erzählt.“ Zwischen Dortmund und Bayern. Zu Beginn war der berühmte Nachname für Laura Feiersinger mehr eine Last, inzwischen hat sie sich damit arran- giert. „Ich weiß, dass die Fragen dazu kommen. Aber meistens ist das Thema schnell wieder abgehakt, deshalb stört es mich nicht mehr.“Zumal sie selbst ob ihres Alters an die aktiven Zeiten ihres Vaters ohnehin nur eine dunkle Erinnerung hat. „Ich war damals beim Champions-League-Finale im Stadion, aber ich weiß davon nichts mehr“, erzählt sie im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Egal ob in Deutschland oder später wieder im Salzburger Land, für Freunde und Schulkollegen war der prominente Vater nie ein Thema.
Obwohl in der Winterhochburg Saalfelden aufgewachsen, hat Laura Feiersinger ihre Leidenschaft für Fußball früh entdeckt. Während sie in der Freizeit mit anderen Buben dem Ball nachjagte, probierte sie in der lokalen Skihauptschule diverse Sportarten durch und versuchte sich später im Schul-Sport-Modell Salzburg in der Leichtathletik, ehe am Ende die Entscheidung doch zugunsten des Balls fiel. „Ich habe gemerkt, dass ich eher eine Mannschafts- als Einzelsportlerin bin. Der Kontakt mit den anderen macht großen Spaß, den brauche ich.“Die Erfahrungen in den anderen Disziplinen möchte sie keinesfalls missen. „Täglich vier Stunden Sport war sehr wichtig für meine Entwicklung. Die Ausdauer vom Biathlon habe ich sicher mitgenommen“, erzählt die 24-Jährige. Die Zielgenauigkeit auch? „Eher nicht. Die Scheibe habe ich damals nicht sehr oft getroffen“, meint sie lachend.
Mit 15 debütierte Feiersinger für den USK Hof in der Bundesliga, bei einem U17-Länderspiel wurden Verantwortliche des Herforder SV auf sie und ihre heutige ÖFB-Kollegin Verena Aschauer aufmerksam. Trotz des jungen Alters war der Wechsel nach Deutschland bald beschlossene Sache. „Wir sind hingefahren, haben uns das angeschaut und die Mama hat alles ausgehandelt“, erinnert sie sich. Beim Aufsteiger verlief die Premierensaison mit sieben Toren in 18 Spielen nach Wunsch, weshalb Bayern München schon im Winter nach dem Talent geangelt hat. Auch diesmal bedurfte es keiner langen Überlegung, die Dortmund-Vergangenheit von Vater Wolfgang war erst recht kein Hindernis. „Er hat dazu nie etwas gesagt. Das kann man sowieso nicht vergleichen, denn diese Rivalität im Frauenfußball gibt es nicht, weil Dortmund kein Team hat.“
Den glitzernden Kosmos der Säbener Straße hat Feiersinger nur am Rande kennengelernt, da die Frauen ihre eigene Trainings- und Spielstätte haben. Ihr rasanter Aufstieg endete im Frühjahr 2014 durch einen Schienund Wadenbeinbruch jäh, in der Folge fand sie sich auf dem Weg zu zwei Meistertiteln nur noch in der Reservistenrolle. „Ich mache mir keine Gedanken, wie es sonst vielleicht gelaufen wäre“, sagt sie und hebt das Positive
Die Feiersingers sind die fünfte Familie mit zwei Generationen im Fußball-Nationalteam. Biathlon hat Laura Feiersinger Ausdauer gelehrt. Und die Zielgenauigkeit? »Eher nicht.«
hervor. „Durch die Verletzung bin ich professioneller geworden, schaue viel mehr auf meinen Körper.“Im Hinblick auf die EM war ein Wechsel unausweichlich, bei Sand hat sie in der abgelaufenen Saison zurück zu alter Stärke gefunden. „Mir war egal, ob es ein großer oder kleiner Verein ist, mir war wichtig, wieder zu spielen.“ Fußball ist kein Thema. Die fußballfreie Zeit verbringt Laura Feiersinger am liebsten in der Salzburger Heimat, sie schätzt die Zeit mit der Familie und die Berge. „Früher war das gar nicht meins, aber mittlerweile mag ich es richtig gern.“Über weitere Karriereziele hat sie sich bislang noch keine Gedanken gemacht, die Konzentration gilt erst ganz dem historischen EMAbenteuer in den Niederlanden.
Während die Mutter auf der Tribüne mitfiebert, verfolgt Vater Wolfgang die EM-Spiele der Tochter auf seiner Hütte in den Kitzbüheler Bergen, Herzrhythmusstörungen zwingen den 52-Jährigen zur Schonung. Telefoniert wird regelmäßig, über Fußball dabei jedoch fast nie gesprochen. „Wir unterhalten uns nicht über einzelne Spiele und ich habe ihn auch noch nie um Tipps gefragt. Dafür gibt es Trainer.“
SUNDP