»Ihr nehmt das Leben gern lockerer«
Trainer Thorsten Fink, mit Austria erster Herausforderer von Salzburg, spricht über den Unterschied zwischen Deutschen und Österreichern. Transfers nach China verurteilt er nicht, im Gegenteil. »Man geht dort ja nicht ins Gefängnis.«
Was stimmt Sie zuversichtlich, dass Ihre Mannschaft in dieser Saison tatsächlich Salzburgs Phalanx durchbrechen kann? Thorsten Fink: Die Vorbereitung ist positiv verlaufen, wir haben keine neuen Verletzten zu beklagen. Das ist die Basis für eine erfolgreiche Saison. Die Mannschaft ist zum Großteil zusammengeblieben, wir sind eingespielt. Und ich habe das Gefühl, dass die Jungs nochmals einen Sprung nach vorn gemacht haben, das Verständnis für das Spiel und die Defensivarbeit, das ist jetzt anders, besser. Ideen und System sind verinnerlicht. All das lässt mich glauben, dass wir Salzburg in dieser Saison angreifen können. Wären Sie mit Platz zwei noch zufrieden? Wenn wir den zweiten Platz erreichen und europäisch spielen, dann war das wieder ein gutes Jahr, keine Frage. Aber: Wir wollen nicht vor Saisonbeginn vermitteln, dass wir Zweiter werden wollen. Um noch einen Schritt nach oben zu machen, müssen wir mindestens so gut spielen wie vergangene Saison, aber weniger Gegentore bekommen. Und: Wir müssen die Duelle mit Salzburg zumindest ausgeglichen gestalten, vergangene Saison haben wir alle vier Spiele verloren. Allein dieser Vergleich hat uns zwölf Punkte gekostet. Während Austria sich punktuell verstärkt hat, beklagt Salzburg abermals namhafte Abgänge. Sind Austrias Chancen damit zwangsläufig gestiegen? Salzburg hat in der Vergangenheit schon Spieler wie Mane,´ Kampl oder Keita verkauft und ist danach trotzdem mit großem Vorsprung Meister geworden. Vergangene Saison hatten sie 18 Punkte mehr als wir, das ist eine Menge. Trotzdem haben wir immer die Hoffnung, dass die Neuzugänge bei Salzburg vielleicht doch nicht immer so einschlagen wie in der Vergangenheit. Außerdem haben sie einen neuen Trainer, auch das muss für uns kein Nachteil sein. Aber: Salzburg hat auf dem Spielersektor eine große Palette an Möglichkeiten durch Red Bull Ghana und Red Bull New York, auch durch Liefering und Leipzig. Trotzdem können sie irgendwann einmal schwächeln. Und wenn das der Fall sein sollte, dann wollen wir zur Stelle sein. Wir wissen, dass wir einen ordentlichen Fußball spielen, aber Kampfansage werden Sie von mir keine hören. Das wäre überheblich. Würde ein Abgang von Larry Kayode Ihren optimistischen Zugang noch ändern? Nein, aber wenn es so weit kommt, dann müssen wir damit umgehen können. Die besten Spieler werden immer bei anderen Mannschaften im Gespräch sein, dann wird die Austria zum Durchlaufverein. Ein Spieler kommt, entwickelt sich bei uns weiter und macht dann den nächsten Schritt, das ist normal hier in Österreich und darf uns auch nicht großartig tangieren. Außerdem haben wir uns mit der Verpflichtung von Christoph Monschein abgesichert. Mit ihm, Kayode und Friesenbichler haben wir derzeit sogar drei Topstürmer. Mit Heiko Westermann wurde ein 33-jähriger Routinier für die Innenverteidigung verpflichtet, der sich bei seinen beiden jüngsten Stationen in Sevilla und Amsterdam nicht durchsetzen konnte. Was macht Sie so sicher, dass Westermann seinen Zenit nicht längst überschritten hat? Ich kenne Heiko von unserer gemeinsamen Zeit beim HSV. Ich weiß, dass er viele Dinge mitbringt, die wir brauchen. Er ist in der Spielereröffnung und bei Standardsituationen sehr gut. Und er hat die nötige Erfahrung und die deutsche Mentalität, um uns weiterzubringen. Er kann diese junge Mannschaft führen, ihnen in den nächsten Jahren helfen. Heiko ist einer, der die Ruhe bewahrt, wenn es nicht gut läuft.
Thorsten Fink
wurde am 29. Oktober 1967 in Dortmund geboren.
Spieler
Als feierte Fink mit Bayern München seine größten Erfolge, wurde viermal deutscher Meister und gewann 2001 im Finale gegen Valencia die Champions League. Seine Karriere als
begann Fink bei den Red Bull Juniors, später war er bei Salzburg unter Starcoach Giovanni Trapattoni Assistent und trainierte dabei unter anderem seinen ehemaligen BayernTeamkollegen Alexander Zickler.
Trainer
Nach weiteren Engagements bei Ingolstadt, Basel, Hamburg und APOEL Nikosia dockte Fink, nachdem die Bestellung von Felix Magath doch noch platzte, bei der
an.
Wiener Austria
Die Violetten führte der 49-Jährige in ruhigere Gewässer, die Vorsaison schloss Austria hinter Salzburg auf Platz zwei ab. Wäre so ein erfahrener Mann schon vergangene Saison dabei gewesen, wären wir in der Europa-League-Gruppenphase gegen Viktoria Pilsen und Astra Giurgiu wohl nicht ausgeschieden. Uns hat nur ein bisschen Erfahrung gefehlt. Heiko hätte bei Ajax sicher mehr verdient, aber er wollte spielen. Das spricht für seinen Charakter. Sie haben die deutsche Mentalität angesprochen. Definieren Sie diese bitte. Die deutsche Mentalität, das bedeutet gewinnen wollen, weiterkommen wollen und absolut professionelles Verhalten im Sport. Österreicher und Schweizer nehmen das Leben schon mal gern ein bisschen lockerer, um es nicht negativ auszudrücken. Heiko hat so viel nur durch seinen Willen erreicht, auch dafür sind die Deutschen doch bekannt. Ist die Deutsche Bundesliga für Sie als Trainer das Nonplusultra? Die Bundesliga ist mit der englischen Premier League wahrscheinlich die beste Liga der Welt, das ist ein großer Anreiz. Natürlich mache ich mir Gedanken darüber, wenn irgendwo ein Trainerposten frei wird, ich bin schließlich auch nur ein Mensch. Aber im gleichen Moment denke ich mir: Ist doch egal, ich fühle mich doch wohl in Wien, verdiene hier auch mein Geld, ich bin sportlich akzeptiert und mag die Jungs. Dann arbeite ich eben zehn Jahre für Austria Wien, das ist doch auch kein Problem. Ich lechze nicht danach, unbedingt wieder in die Bundesliga zu kommen, aber irgendwann möchte ich als Trainer einfach wieder in der Champions League spielen. Da kann es auch egal sein, wo. Aber ich möchte dort noch einmal hin, diese Sehnsucht habe ich. Die Champions League ist, entschuldigen Sie den Ausdruck, etwas Geiles. Könnten Sie sich prinzipiell auch ein Engagement in China vorstellen? Roger Schmidt ist dem Lockruf aus Peking gefolgt. Es ist ja nichts Schlimmes, nach China zu gehen. Dieses Land ist fußballerisch nicht mehr das, was es einmal war. Dort entwickelt sich etwas, die Liga wird immer besser. Uli Hoeneß hat schon vor zehn Jahren gesagt: „Wir müssen aufpassen, dass uns die Chinesen nicht irgendwann überholen.“Toptrainer gehen nach China, sie wandern dort ja nicht ins Gefängnis, nein, sie können dort auch gut arbeiten. Klar verdient man viel Geld, aber die Aufgabe ist spannend, das Kennenlernen einer neuen Kultur ebenso. Ich würde meine Familie dorthin mitnehmen. Haben Sie als Trainer ein Vorbild, wer imponiert Ihnen? Nein, Vorbild habe ich keines. In Hamburg wurde ich einmal gefragt, welcher Typ Trainer ich sei. Ich meinte darauf: „Ich bin nicht wie Magath, ich bin eher wie Klopp.“Das ist mir in der Folge aber immer irgendwie nachgehängt. Ich habe meinen eigenen Stil, aber letztendlich kopiert jeder Trainer von einem anderen, das kann ich Ihnen versichern. Keiner hat den Fußball erfunden, sondern alles wird kopiert. Ich finde bei jedem Trainer etwas, was ich gut finde, und etwas, was ich schlecht finde. Am Ende des Tages versuche ich, meinen Stil zu finden. Nach dem heutigen Bundesligaauftakt gegen Altach trifft Ihre Mannschaft schon am Donnerstag in der Europa-League-Qualifikation auf AEL Limassol. Sie kennen den zyprischen Fußball von Ihrem Engagement bei APOEL Nikosia, was erwartet Austria? 40 Grad am Abend und eine unberechenbare Mannschaft. Zyprische Klubs sind immer ein bisschen eine Wundertüte. Ich habe Spiele gegen Teams gesehen, nach denen ich dachte: Die schlagen wir locker 5:0 oder 6:0, und beim nächsten Mal haben sie uns völlig überrascht und einfach super gespielt. Durch das Play-off-System in Zypern sind manche Spiele wichtiger als andere, das macht es etwas kompliziert. Ich kann weder sagen, dass wir auf eine starke noch auf eine schwache Mannschaft treffen, aber ich bin überzeugt davon, dass Limassol schlagbar ist. Wenn auf beiden Seiten alles normal läuft, es keine Roten Karten gibt oder irgendwelche überraschenden Dinge passieren, dann haben wir die größeren Chancen, eine Runde weiterzukommen.