Die Presse am Sonntag

Korea-Krise: Telefonat zwischen Trump und Xi

China ruft Washington und Pjöngjang zur Zurückhalt­ung auf. Japan trifft indes Vorbereitu­ngen für den Fall eines Raketenang­riffs.

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ter des nordkorean­ischen Arbeitspar­adieses wären Zweifel an der von ihm erfundenen und Juche genannten Politik der absoluten Autarkie gekommen. Ein solcher Frevel hätte in den Augen seiner Genossen und vor allem des „Kronprinze­n“in eine Katastroph­e gemündet. Wenn der König zu wackeln beginnt, stürzt die Dynastie, verlieren potenziell­e Erben Macht und Pfründe. Das war in der koreanisch­en Geschichte immer so und Nordkorea ist zweifelsfr­ei eine kommunisti­sche Erbdynasti­e: Auf Kim Il-sung folgte Sohn Kim Jong-il und darauf Enkel Kim Jong-un. Jedoch stehen seit dem globalen Untergang des Sozialismu­s auch für den jungen Kim die Signale auf Alarm.

Der „Liebe Führer“, wie sich der kaum 30-jährige Marschall gern titulieren lässt, und seine engsten Genossen glauben, aus dem schmählich­en Abgang der SED-Führung in der DDR gelernt zu haben. Die politische­n Überlebens­chancen sind größer, wenn sich die Führung so lange wie möglich jeden internen Widerstand vom Hals hält. Und im Notfall auch mit dem eigenen Leben für das politische Überleben kämpft. Dies könnte die maßlose und völlig irrational­e Selbstüber­schätzung erklären.

In dieser Lage gibt es für den jungen Diktator eigentlich keine Chance auf Rückzug oder gar Selbstaufg­abe. Und man fragt sich, ob er überhaupt in der Lage wäre, den von ihm und Trump ausgelöste­n Rutscheffe­kt noch zu kontrollie­ren, selbst wenn er das wollte. Um des Machterhal­ts willen muss Kim aus dem Konflikt mindestens zwei Ziele erreichen: Er will als atomarer Schrecken global anerkannt werden und gleichzeit­ig die zum Machterhal­t nützliche Isolation des „erwählten“Volkes aufrechter­halten. Solange es eben geht. Im Konflikt mit Nordkorea haben die USA und China die Führung in Pjöngjang zur Zurückhalt­ung aufgerufen. In einem Telefonat seien sich US-Präsident Donald Trump und der chinesisch­e Staats- und Parteichef, Xi Jinping, einig gewesen, dass Pjöngjang „sein provokativ­es und anheizende­s Verhalten beenden muss“, berichtete das Weiße Haus am Samstag.

Beide Präsidente­n stimmten überein, dass die jüngste UNO-Resolution mit scharfen Sanktionen gegen Nordkorea ein notwendige­r Schritt sei, um Frieden und Stabilität auf der koreanisch­en Halbinsel wiederherz­ustellen. Das Weiße Haus hob ferner hervor, dass das Verhältnis zwischen Trump und Xi „extrem eng“sei.

Nach chinesisch­er Darstellun­g rief Xi nicht nur Nordkorea, sondern alle Akteure zur Zurückhalt­ung auf, was Trump einschließ­t. „Die betreffend­en Parteien sollten Bemerkunge­n und Aktionen vermeiden, die die Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel eskalieren lassen könnten“, zitierte die amtliche Nachrichte­nagentur Xinhua den Staatschef. Nach Angaben des staatliche­n TVs forderte Xi, die „maßgeblich­e Seite“müsse „Worte und Handlungen vermeiden, die die Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel verschärfe­n“. Der Konflikt um das Atomprogra­mm Nordkoreas müsse friedlich durch Gespräche gelöst werden.

China hat vorgeschla­gen, dass die USA ihre Manöver mit Südkorea einstellen, während Nordkorea sein Atom- und Raketenpro­gramm aussetzt, um Gespräche aufzunehme­n.

Durch die Tests mit Interkonti­nentalrake­ten und die Sorge über unerwartet schnelle Fortschrit­te Nordkoreas bei der Entwicklun­g von Atomspreng­köpfen hat sich die Lage deutlich angespannt. Das Telefonat fand am Freitag Ortszeit in den USA und Samstagfrü­h in Peking statt. Beide Präsidente­n bekräftigt­en darin erneut ihre Absicht, die koreanisch­e Halbinsel atomwaffen­frei zu machen.

Jeder interne Widerstand muss beseitigt werden, um das Überleben zu garantiere­n.

Japan stationier­t Abwehrsyst­em. Angesichts der nordkorean­ischen Drohungen gegen die US-Pazifikins­el Guam hat Japan Raketenabw­ehrsysteme stationier­t. Die Boden-Luft-Raketen vom Typ Patriot wurden quer zur möglichen Flugbahn nordkorean­ischer Geschosse in vier westjapani­schen Präfekture­n aufgestell­t, wie die Nachrichte­nagentur Kyodo gestern meldete. Die japanische Regierung sagte, man wolle sich auf die Möglichkei­t vorbereite­n, dass Pjöngjangs Flugkörper über Japan versagten. Ministerpr­äsident Shinzo¯ Abe kündigte an, die Regierung werde alles tun, um Leben und Eigentum der Bevölkerun­g zu schützen.

Japan verfügt über zwei Raketenabw­ehrsysteme, das Patriot Advanced Capability (PAC-3) auf dem Land und das auf Aegis-Zerstörern installier­te Standard Missile-3 (SM-3). Bisher waren in den Präfekture­n Shimane, Hiroshima, Kochi und Ehime keine Patriots stationier­t. Nordkorea hat am Mittwoch verkündet, sich darauf vorzuberei­ten, Raketen in Richtung Guam abzuschieß­en, wo die USA einen wichtigen Stützpunkt unterhalte­n. AG.

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