Die Presse am Sonntag

Wiens leer stehende Häuser

Zum Teil wuchert das Gras in ihnen, zum Teil werden sie endlich saniert. In Wien stehen mitten in der Stadt große Immobilien leer. Was passiert mit ihnen?

- VON ANNA THALHAMMER UND MIRJAM MARITS

dort, wo heute nur mehr eine Baugrube ist. Auch er hat sich schon an den Lost-Places-Fotos probiert. „Aber von einem rein fotografis­chen Standpunkt aus haben die Bilder der Zerstörung des Hauses für mich einfach mehr Kraft und Komplexitä­t“, sagt er.

Für Thomas Windisch geht es bei seinen Fotos um den Reiz, die Orte zu sehen – und festzuhalt­en, was sonst vergessen wird. „Wir leben in einer Welt, in der so viel zerstört wird, manchmal bleibt nicht mehr als ein Foto.“Seine Fotos stellt er regelmäßig aus (siehe Kasten). Demnächst soll ein Buch erscheinen – über die Gebäude und ihre Geschichte­n. Unter den zahlreiche­n Gebäuden, die in Wien schon viele Jahre leer stehen und teilweise auch sichtlich verfallen, finden sich im Wiener Stadtbild einige prominente Beispiele. Oft verzögern sich die Nachnutzun­gspläne (so es sie überhaupt gibt) um Jahre.

Glaspalast. Mit einiger Verspätung ist es nun tatsächlic­h so weit: Der Glaspalast, das bekannte ehemalige Bürogebäud­e in der Rathausstr­aße, wird ab 16. August abgerissen. Eigentlich war der Abriss schon für 2014 geplant, doch es kam zu Verzögerun­gen, unter anderem, weil der geplante Neubau die historisch­e Sichtachse von der Josefstadt auf den Stephansdo­m beeinträch­tigt hätte. Das Projekt wurde redimensio­niert, mittlerwei­le hat es die Buwog übernommen und wird im Frühling 2018 mit dem Bau eines Büro- und Geschäftsg­ebäudes beginnen. Der Abriss des Glaspalast­s, der vom renommiert­en Architekte­n Harry Glück stammt, wird bis Jahresende dauern. 1980 zogen Magistrats­stellen ein, 2012 wieder aus, seither steht das Gebäude leer.

IMala Strana. Rainhard Fendrich hat hier angeblich sein erstes Konzert gegeben, Boxlegende Hans Orsolics hier trainiert: Das Vorstadtth­eater „Mala Strana“am Mitterstei­g auf der Wieden war Theater, Kino, Box- und Konzerthal­le. Diese Zeit ist lange vorbei. Als 2012 Pläne bekannt wurden, dass ein Supermarkt in das 1910 errichtete Theater einziehen könnte, wurde das Mala Strana auf Initiative der BezirksGrü­nen unter Denkmalsch­utz gestellt. Seither wurde (und wird) es saniert, ein Mieter wird nach wie vor gesucht.

IPalais Schwarzenb­erg. Das Palais neben dem Belvedere steht schon viele Jahre leer, Nutzungspl­äne gab es viele: Ein Hotel sollte hier untergebra­cht werden, auch über ein Casino wurde geredet – doch wurde die Lizenz dafür vom Verwaltung­sgerichtsh­of gekippt. Zuletzt gab es auch einen Rechtsstre­it zwischen einem Hotel-Investor und einem Garagenbet­reiber, die ein Luxushotel eröffnen wollten. Auch dieses Vorhaben ist gescheiter­t. Nun ist die Familienst­iftung wieder an der Reihe, eine neue Nutzung zu finden.

IPost- und Telegrafen­amt. 1996 zog die Post aus, 2011 wurde das Haus am Börseplatz 1 im Wiener Zentrum von der Hypo-Alpe-Adria-Bank an die Grazer Investment­gesellscha­ft Immovate verkauft. Diese plante auf fast 10.000 Quadratmet­ern Nutzfläche und fünf Stockwerke­n eine gemischte Nutzung mit 39 hochwertig­en Wohnungen und zwei Büros. Fertigstel­lung des Projekts war bis 2016 angepeilt. So weit ist es noch nicht. Derzeit wird daran gebaut.

IAltes Handelsger­icht. Das Jugendstil­gebäude in der Riemergass­e ist ein Paradebeis­piel für schwierige Immobilien. Das Haus steht seit bald 14 Jahren leer, wurde unliebsam von Investor zu Investor geschoben, und verfiel Jahr für Jahr. Zuletzt wurde vor einem Jahr angekündig­t, dass hier ein Luxushotel entstehen soll. Der in der Schweiz lebende russisch-britische Investor Dimitry Vallen plante auf knapp 19.000 Quadratmet­ern ein „Four Seasons“mit 160 Zimmern und Parkgarage einzuquart­ieren. Die Fertigstel­lung war für Ende 2017 angekündig­t, bis jetzt sind

Ikeine Pläne eingereich­t oder bewilligt. Was auch immer dort passieren wird, es dauert wohl noch weitere Jahre.

Alte Post. Das Haus auf der Dominikane­rbastei war ewig leer, jetzt arbeiten die Firmen Wertinvest von Heumarkt-Investor Michael Tojner und Soravia gemeinsam an einem Projekt. Dort soll auf 27.000 Quadratmet­ern ein Nutzungsmi­x aus Altbauwohn­ungen, Hotel, Restaurant, öffentlich­em Spaund Wellnessze­ntrum, Tiefgarage und kleinen Geschäften entstehen. Die Eröffnung ist für 2020 angepeilt.

IHammerbro­twerke. In der Fabrik in Schwechat vor den Toren Wiens wurden früher täglich bis zu 75.000 Kilogramm Teig verarbeite­t. Nach ihrer Schließung wurde das Areal mal als Post- und Telegrafen­museum mit alten Postkutsch­en und dann als Postmöbell­ager benutzt. Mittlerwei­le wird seit 30 Jahren versucht, das Areal zu verkaufen. Was schwierig ist. Früher wurde das Haus mit der Hitze der Backöfen geheizt, heute geht das nicht mehr. Seit 1994 steht die Anlage unter Denkmalsch­utz, was die Nachnutzun­g noch mehr erschwert.

IRuinenvil­la Dehnepark. Sie liegt im 14. Bezirk und hat 40.000 Quadratmet­er – die große Parkanlage Dehnepark. Für Jugendlich­e war sie früher ein beliebter Treffpunkt: Im Park liegt die „Ruinenvill­a“, die ob eines fehlenden Nutzungsko­nzeptes noch immer vor sich hindämmert. Einmal wollte das Forstamt daraus schon ein Museum machen. Das hat nicht geklappt. Also dämmert das Gebäude weiter.

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Windisch Thomas Eines seiner beeindruck­endsten Bilder machte Thomas Windisch in einer alten Villa in Belgien.
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