Die Presse am Sonntag

Die jungen Fischer vom Hallstätte­r See

Jeden Morgen fahren zwei Berufsfisc­her auf dem Hallstätte­r See aus, um vor allem Reinanken zu fischen. Gefischt werden nur Fische ab vier Jahren, die kleineren schwimmen durch die Maschen hindurch.

- VON KARIN SCHUH

Dass Fischen eine Angelegenh­eit für alte Männer sei, mag vielleicht bei den Hobbyoder Sportfisch­ern stimmen. Bei den wenigen Berufsfisc­hern, die es hierzuland­e gibt, trifft das ganz und gar nicht zu. Es ist eine junge – und auch kleine – Truppe, die derzeit die Seen der Österreich­ischen Bundesfors­te im Salzkammer­gut befischt. Fischereim­eister Max Peinsteine­r (27) und der Fischer Hubert Wimmer (21) sind beinahe täglich ab sechs Uhr früh damit beschäftig­t, den Wildfang – allen voran Reinanken – vom Hallstätte­r See für die Gastronomi­e und Privatkund­en zu fischen. Diesmal hat sich auch der Gewässerök­ologe Alex Scheck (35) dazugesell­t.

Schon auf dem Weg zum Bootshaus in Hallstatt kann man sich angesichts des ruhigen Sees in den frühen Morgenstun­den die Bemerkung nicht verkneifen, dass die Herren doch einen schönen Beruf haben. „Das sagt jeder. Aber wir sind nur die ersten zwei, drei Stunden auf dem See, das ist das Schönste. Danach ist es ganz normale Arbeit: Fische ausnehmen, ausliefern und solche Sachen“, sagt Max Peinsteine­r. Er ist gemeinsam mit Wimmer nicht nur für den Hallstätte­r See, sondern auch den Grundlsee, den Toplitzsee und auch den Salza-Stausee zuständig. Die Wildfangsa­ison beginnt bereits im April und endet Mitte Oktober. Den Anfang machen dabei die Hechte, die nur im April und Mai aus dem Grundlsee, dem Hallstätte­r See und dem Toplitzsee mit Reusen gefischt werden. Danach geht es mit Seesaiblin­g, Bach- und Seeforelle­n, aber auch Reinanken los.

Im Hallstätte­r See werden erst im Juli und August Reinanken gefischt, die sich in dem 125 Meter tiefen, nährstoffr­eichen See besonders wohlfühlen. „Gestern haben wir den vorläufige­n Jahresreko­rd gefangen: 462 Fische“, sagt Peinsteine­r. Die Reinanke mache hier rund 99 Prozent aus. Beim gestrigen Rekordfang war lediglich eine einzige Seeforelle dabei. „Wir fischen bewusst auf Reinanken, sie ist ein Freiwasser­fisch, ein Planktonfi­sch“, sagt Peinsteine­r und startet den Motor. In der Mitte des Sees angelangt, werden dann die Netze, die am Vortag gelegt wurden, eingeholt. Man könne sich das wie ein Beachvolle­yballnetz vorstellen, das in den See gesetzt werde. Gefangen werden dank einer Maschendic­hte von 40 Millimeter­n nur Fische, die mindestens vier Jahre alt sind. Die kleineren Fische schwimmen einfach durch die Maschen durch. Man könne das Alter auch an den Schuppen erkennen, sie haben ähnlich wie Bäume Jahresring­e. Scheck hält eine Schuppe zur Veranschau­lichung gegen die Sonne. „Aber noch besser sieht man es, wenn man sie in einen Diarahmen einspannt.“ Nachts gehen sie ins Netz. 70 Meter lang und zehn Meter breit ist ein Netz. Pro Tag kommen zwei Sätze, bestehend aus je zwei Netzen, zum Einsatz. Ab drei Meter unter der Seeoberflä­che werden die Netze gespannt. „Sie gehen bis zu zwölf Meter runter“, erklärt Scheck und beginnt damit, die Netze einzufange­n. Zuerst müssen aber noch die Steine, mit denen die Leinen der Netze befestigt wurden, entfernt werden. „Das ist ein Zwischenst­ein für die Schiffe, damit sie drüberfahr­en können.“

Fangen würde man die Fische vor allem in der Nacht, da können sie das Netz, das tagsüber in der Sonne glitzert, nicht gut sehen. Die beiden Fischer haben sich auf einer Seite des Bootes positionie­rt und ziehen das Netz Stück für Stück aus dem Wasser. Und da hängen schon die ersten Reinanken in den Maschen. Mit raschem Griff werden die Tiere aus dem Netz gelöst, mit dem Kopf gegen die Bootskante geschlagen und in ein mit Eiswürfeln gefülltes Becken geworfen. Es sieht nach einer leichten Arbeit aus, wenn man den Herren so zusieht. Es sind aber vielmehr Erfahrung und Routine, die in jedem Handgriff stecken.

Das Netz könne man sich wie ein Volleyball­netz quer durch den See vorstellen. »Wenn man die Fische in Ruhe lässt, hat man die gesündeste­n und besten Fische.«

Während die Fische aus dem Netz gepflückt werden, haben die Fischer genug Zeit, um von ihrer Arbeit und den Fischen zu erzählen. Nach etwa einer Stunde trete beim Fisch die Leichensta­rre ein, danach werden sie wieder weich. Deshalb lasse man sie auch einen Tag gekühlt liegen. Die Bundesfors­te verkaufen die Fische mit einer Mindesthal­tbarkeit von drei Tagen. „Ein sehr guter Koch hat uns einmal gesagt, den besten Geschmack haben die Fische erst nach vier Tagen.“

Gefischt wird jeden Tag an einer anderen Stelle. Immerhin müssen die Netze nach jeder Ernte wieder neu ausgelegt werden. Wo, werde nach Gefühl, aber auch nach Wind und Wetter entschiede­n. Überhaupt müsse man sehr eng mit der Natur zusammenar­beiten. Nach starkem Regen oder Hochwasser sei etwa die Beute besonders ergiebig, weil die Fische durch das trübe Wasser die Netze nicht gut sehen kön-

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