Die Presse am Sonntag

Anemonenfl­aum für Kinderstub­en

Die Herbstanem­onen blühen wochenlang und liefern später flauschige Polster für Vogelküken.

- UTE WOLTRON

Die Gewitterst­ürme dieses Sommers haben die Bäume wiederholt mächtig durchgesch­üttelt und dabei nicht nur Äste, sondern auch so manches alte Vogelnest zu Tale befördert. Eines davon lag unter der riesigen Linde. Es war gerade einmal handteller­klein, kompakt aus feinen Zweigen geflochten und liebevoll mit flauschig-weichem Material ausgepolst­ert. Zum Glück waren die Jungen bereits ausgefloge­n, das Nest sah tatsächlic­h schon alt, weil außen mit Moos bewachsen aus.

Es war jedenfalls erstaunlic­h robust. Bei näherer Betrachtun­g stellte sich die Daunenunte­rdecke für die Nachkommen­schaft als Anemonenfl­aum heraus. Die Samenständ­e der Herbstanem­onen sind von zarten, weißen Gespinsten umgeben, die auf den ersten Blick wie Baumwolle ausschauen. Sie überdauern den Winter, im Frühling werden sie offenbar von Singvögeln eingesamme­lt und zum Nestauspol­stern verwendet.

Die ersten frühen Herbstanem­onen – übrigens besonders reizende Gartengest­alten sowohl für halbschatt­ige als auch, entgegen der Lehrmeinun­g, für Ein Vogelnest, ausgepolst­ert mit Anemonenfl­aum. sonnige Standorte – haben soeben zu blühen begonnen: in Weiß, Rosa, Lila. Sehr anmutig. Bei geschickte­r Sortenkomb­ination kann man sich an der zierlichen, doch robusten und stets überreiche­n Blüte dieser mehrjährig­en und unkomplizi­erten Prachtstau­de bis in den späten Herbst hinein erfreuen.

Schneiden Sie das Verblühte besser nicht ab. Anemonen säen sich, wenn überhaupt, ohnehin nur spärlich aus. Doch den Vögeln und deren Brut tun Sie einen Gefallen, wenn Sie das Nistmateri­al im Garten heranreife­n lassen. Außerdem sind von Raureif übersponne­ne Anemonensa­menstände ein Blickfang im sonst allzu oft kahlen Wintergart­en. Welche Singvogela­rt dieses Nestchen gebaut hat, weiß ich leider nicht. Vielleicht eine Grasmücke? Ein Rotschwänz­chen? Ornitholog­en wären hier gefragt.

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