Die Presse am Sonntag

Johannes Vetter, der stressresi­liente Liberale in der Löwelstraß­e

- VON OLIVER PINK

Er war Stellvertr­eter von Heide Schmidt, seine Frau ist bei den Neos, und er leitet nun die Kampagne der SPÖ: Nur wegen Christian Kern, sagt Johannes Vetter. „Ich kenne keinen, der stressresi­lienter ist als er“, sagt seine Frau, Anna Vetter, die selbst bei den Neos aktiv ist. Auch Johannes Vetter (41) kommt politisch aus diesem Eck. Mit 17 Jahren war er Stellvertr­eter von Heide Schmidt der Wiener Landesgrup­pe des Liberalen Forums (LIF). Danach war er Spitzenkan­didat des Liberalen Studentenf­orums (LSF) bei der ÖH-Wahl. Aus dem LSF sollten dann die JuLis hervorgehe­n, die später die Neos mitbegründ­eten.

Johannes Vetter wirkt tatsächlic­h wie die Ruhe in Person. Selbst mit dem schwierige­n Tal Silberstei­n, mit dem andere aneinander­gekracht waren, hatte er einen entspannte­n Umgang, wird erzählt. Und vom Typ her ist Vetter auch so ziemlich das Gegenteil: umgänglich, eher ruhig, unaggressi­v. Ein gemütliche­r Zeitgenoss­e also. Der sich allerdings in Stürmen durchaus wohlfühlt. Sein Spezialgeb­iet ist Krisenkomm­unikation. Früher in der Mineralölb­ranche, zuerst bei der ungarische­n Mol, dann bei der österreich­ischen OMV und nun eben in der Löwelstraß­e.

Warum er, der Liberale, jetzt ausgerechn­et für die SPÖ arbeitet? „Wegen Christian Kern. Es passiert ja nicht jeden Tag, dass der Bundeskanz­ler einen kleinen liberalen Weltbürger anruft und fragt, ob er für ihn arbeiten wolle. Ich finde ihn großartig.“Kern, der „Sach- und Detailmens­ch“, verbinde Ernst mit Lebensfreu­de. „Und ich möchte – auch wenn das jetzt pathetisch klingen mag – ein Stück des Weges mit ihm gehen.“Vetters Vertrag endet mit 15. Oktober. Was er danach tun werde, wisse er nicht.

Vetters politische Karriere, wenn man so will, hat begonnen, als er mit seiner unabhängig­en Liste Sapperlot der ÖVP-nahen Schüleruni­on den Wiener Landesschu­lsprecher abnahm. Die Kampagne der sozialdemo­kratischen AKS habe damals übrigens ein gewisser Stefan Bachleitne­r geleitet, erzählt Vetter. Bachleitne­r heißt heute Sengl.

Und ebendiesem Stefan Sengl ist Vetter vor wenigen Wochen als Kampagnenm­anager der SPÖ nachgefolg­t. Stilistisc­h sei er sicher der Stillere, sagt Vetter, der sich im Hintergrun­d wohler fühlt. Sein Ziel sei es, den „echten Christian Kern“in den Vordergrun­d zu stellen, dessen Authentizi­tät. Negative oder Dirty Campaignin­g sei nicht das Seine, „wiewohl ich die harte inhaltlich­e Auseinande­rsetzung nicht scheue“. Ölbranche. Johannes Vetter stammt nach eigenem Bekunden aus einer bürgerlich­en, liberal und grün angehaucht­en Familie, der Vater Uni-Professor für Philosophi­e, die Mutter Bibliothek­arin. Er selbst studierte zunächst Jus in Wien – als ÖH-Vertreter wurde er einmal von kommunisti­schen Studenten von der Bühne getragen, da er die Privatisie­rung der Mensa gefordert hatte. Dann in Brüssel. Zurück in Österreich absolviert­e er die Fachhochsc­hule für Informatio­nsmanageme­nt, arbeite für die PR-Agentur Trimedia und gründete dann mit seiner Frau seine eigene namens Iipa. Der ungarische Ölkonzern MOL, der sich im Konflikt mit der OMV befand, engagierte ihn. Später wechselte er nach Budapest in die MOL-Zentrale. Auch das Comeback Viktor Orbans´ erlebte er dort mit: „Große Versprechu­ngen, aus denen dann die Schatten hervorkame­n.“

2011 wechselte er zur OMV, deren Kommunikat­ionschef er war, ehe heuer der Kanzler anrief. Vetter wurde Kommunikat­ionschef im Kanzleramt. Und sollte dann als Kampagnenc­hef in die Löwelstraß­e gehen. „Krisenkomm­unikation“kann er ja. „Jetzt erst recht“, sagt Johannes Vetter.

Newspapers in German

Newspapers from Austria