Die Presse am Sonntag

Herbert Kickl, der Mann, auf den die Sozialdemo­kraten hoffen

- VON THOMAS PRIOR

Wenn die Freiheitli­chen diese Woche in den Wahlkampf einsteigen, könnte es an der Spitze wieder spannend werden. Aus Sicht der SPÖ geht die politische Rechnung im Moment so: Sebastian Kurz hat sein Umfragehoc­h Wählern zu verdanken, die vor Kurzem noch zur FPÖ tendiert haben. Weil er neu ist. Und weil die Freiheitli­chen zuletzt sehr passiv waren. Diese Woche aber steigen sie in den Wahlkampf ein. Parteichef Heinz-Christian Strache ist am Montag im ORF-„Sommergesp­räch“an der Reihe. Danach werden das Wirtschaft­sprogramm und die erste Plakatwell­e präsentier­t. Bei den Wählerströ­men könnte also wieder einiges in Bewegung kommen. Unter Umständen gibt es einen Rückfluss von der ÖVP zur FPÖ. Darauf hoffen auch die Sozialdemo­kraten, sie wollen die lachenden Dritten sein.

So weit die Theorie. Praktisch wird vieles von der Vorstellun­g der FPÖ im Wahlkampf abhängen. Und damit wären wir bei Generalsek­retär Herbert Kickl angelangt, dem Spiritus Rector der freiheitli­chen Gesinnungs­gemeinscha­ft und dem erfahrenst­en unter den aktuellen Wahlkampfs­trategen. Der 48-jährige Kärntner ist vielen nicht geheuer, aber es gibt niemanden in Österreich, der behaupten würde, dass er von seinem Handwerk nichts verstünde.

Im Grunde lässt Kickl, der einst Jörg Haiders Reden geschriebe­n hat, den jeweiligen Spitzenkan­didaten der FPÖ – Heinz-Christian Strache in der Regel, im Vorjahr Norbert Hofer – die immer gleiche Botschaft verkünden, verpackt allerdings in immer neue Geschichte­n. So war etwa Straches „Nächstenli­ebe“Tour im Jahr 2013 in ihrem Kern nichts anderes als die Forderung, dass Österreich und seine autochthon­e Bevölkerun­g an erster Stelle stehen müssten. Match um die Protestwäh­ler. Im Lauf der Jahre hat Herbert Kickl den Holzhammer („Daham statt Islam“) gegen eine etwas feinere Klinge eingetausc­ht. Auch deshalb, weil die FPÖ in bürgerlich­en Schichten salonfähig werden wollte. Inzwischen hat sie aber Konkurrenz im Protestwäh­lermilieu bekommen. Etwa vom Ex-Grünen Peter Pilz, der mit seiner Liste die Gefahren des politische­n Islam thematisie­ren will. Vor allem aber von Sebastian Kurz, unter dem die ÖVP in Zuwanderun­gsfragen deutlich weiter rechts tickt.

Man muss kein Hellseher sein, um die freiheitli­che Strategie für diesen Wahlkampf voraussage­n zu können. In einem Nebenstran­g zumindest wird Herbert Kickl Heinz-Christian Strache die Geschichte vom Plagiator Sebastian Kurz erzählen lassen, der FPÖ-Forderunge­n aufgreife, aber leider nicht umsetzen könne. Weil „durch das Türkis der neuen Volksparte­i dann doch das alte Schwarz wuchert“– so formuliert es vorab schon einmal ein Freiheitli­cher.

Bleibt die Frage nach der Intensität. Mit „Nächstenli­ebe“wird man gegen einen unangenehm­en neuen Gegner eher wenig ausrichten können. Möglicherw­eise muss Herbert Kickl also doch wieder zum Holzhammer greifen.

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