Lonely Planet Oberlaa: Sightseeing an der neuen U-Bahn
Es gibt nicht nur die Wiener Innenstadt und das Schloss Schönbrunn. Wer beim Besuchsprogramm von Wien auch weniger frequentierte Orte kennenlernen möchte, kann das auch mit einer Themenrunde machen – entlang der neuen U1-Stationen, zum Beispiel, die ab 2.
Der Süden von Favoriten gehört bei einem Wienbesuch in der Regel nicht zu den primären Zielen. Mit der Verlängerung der U1 vom Reumannplatz nach Oberlaa, die am 2. September offiziell begangen wird, könnte das Gebiet aber dank leichterer Erreichbarkeit neue Zielgruppen anziehen. Wer bisher schon von weiter her gern auf ein Eis zum Tichy am Reumannplatz kam, kann den Radius für das Sightseeing nun noch etwas weiter spannen. Zu entdecken gibt es abseits der touristischen Trampelpfade im 10. Bezirk jedenfalls einiges. Ein Höhepunkt ist die Antonskirche (Antonsplatz 21), die zwischen 1896 und 1901 im romanisch-byzantinischen Stil erbaut wurde. Innen weist die größte und prachtvollste Kirche Favoritens Anklänge an den Markusdom zu Venedig auf, außen ist sie an die Kirche des Heiligen Antonius in Padua angelehnt. Besonders charakteristisch ist die vier Meter hohe Christusstatue auf der 48,5 Meter hohen Kuppel. Sehenswert sind auch die 31 Mosaikbilder von Heiligen, die rund um die Kirche angebracht sind – und die Danksagungen an Favoritner Großindustrielle enthalten, die für das Mosaik gespendet haben.
Nur wenige Gehminuten von der Station entfernt, findet sich auch das wenig auffällige Stadion des Fav AC (Kennergasse 3). Hervorgegangen aus der Fußballsektion des Kegelclub Favorit wurde der Verein 1910 gegründet. Seine größten Erfolgen waren zwei Meistertitel in der Wiener Stadtliga, zwei Semifinali im ÖFB-Cup und der Gewinn des Wiener Stadthallenturniers 1993. Zur Entspannung nach einem Match bietet sich ein Abstecher in den gleich nebenan gelegenen Alfred-Böhm-Park (Eisenstadtplatz 6) an. Die öffentliche Parkanlage wurde 1998 nach dem 1995 verstorbenen Schauspieler Alfred Böhm benannt, der unter anderem als Ober Alfred im Seniorenclub des ORF und in der Rolle des „Leihopa“populär war. Die Niederösterreicher mögen die meisten haben, doch der berühmteste Kreisverkehr des Landes liegt in Wien. Der Verteilerkreis Favoriten ist ein lohnendes Ziel. Nicht nur, weil der bis 1973 errichtete dreispurige Kreisverkehr an sich sehenswert ist, sondern auch wegen des Fernblicks in den Süden – für den man freilich eine etwas steilere Wiese hinaufklettern muss. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten hier sind das Laaerbergbad (Ludwig-vonHöhnel-Gasse 2) und die Gradner-Kapelle direkt davor. Sie wurde 1828 von Johann Gradinger (ursprünglich hieß sie auch Gradinger-Kapelle) als Dank dafür errichtet, dass er einen Unfall wegen seiner scheu gewordenen Pferde fast unverletzt überlebte. Allerdings handelt es sich nur mehr um eine Kopie der Originalkapelle, da sie wegen des Baus des Verteilerkreises versetzt werden musste.
Erwähnenswert ist auch der Campus Wien (Favoritenstraße 226), die größte Fachhochschule Österreichs. Wichtig ist der Verteilerkreis aber auch als Startpunkt für den Stadtwanderweg 7 zum Laaer Berg, der unter anderem auch zum Böhmischen Prater führt. Zu Beginn der Wanderung kreuzt man auch die Generali Arena (Horrplatz 1), das Heimstadion des Fußballvereins Austria Wien. Der Club behauptet in seiner jüngsten Plakatkampagne, österreichischer Rekordmeister zu sein – beginnt seine Zählung allerdings erst mit dem Start der Staatsliga 1949, während Konkurrent Rapid aus Hütteldorf (das liegt am Ende der U4 im Westen Wiens) seit der Gründung des ÖFB 1904 zählt. Zumindest rund um den Verteilerkreis vertraut man auf erstere Zählweise. Vor allem Gäste aus Schweden dürften sich bei dieser Station wohlfühlen, betritt man doch hier die Per-AlbinHansson-Siedlung. Sie wurde 1951 als Dank für die Hilfe, die Schweden nach dem Zweiten Weltkrieg leistete, nach dem 1932 bis 1946 amtierenden schwedischen Ministerpräsidenten benannt. Auch die Straßen tragen Namen mit Bezug zu Schweden. Die SelmaLagerlöf-Gasse ist etwa nach der Schriftstellerin benannt, die Nils Holgersson erschuf, die Bernadottegasse nach dem Präsidenten des Schwedischen Roten Kreuzes, Folke Graf Bernadotte af Wisborg. Die Alaudagasse selbst klingt hingegen nicht Schwedisch, was sie auch nicht ist – sie trägt den Namen der römischen Legio Alaudarum, deren Veteranendorf sich am Wienerberg befunden hat.
Markantester und gleich von der Station aus gut sichtbarer Teil der Siedlung ist der von 1972 bis 1976 errichtete Olof-Palme-Hof (Ada-ChristenGasse 2), benannt nach dem zweimaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme. Die Anlage wurde in Form von vier unterschiedlich großen Blöcken errichtet, die als neun- bis zwölfgeschoßige Terrassenhäuser ausgeführt sind. In dieser Anlange ist auch das Bezirksmuseum Favoriten (AdaChristen-Gasse 2B) untergebracht. Unter anderem kann man sich hier über die Ziegelerzeugung im Bezirk und die damit untrennbar verbundenen böhmischen Arbeiter („Ziegelböhm“) informieren. Sie waren enorm wichtig für die Bautätigkeit in Wien – so wurden etwa die Prachtbauten der Ringstraße aus Ziegeln aus Favoriten gebaut. Bei der Station Neulaa sind die Sehenswürdigkeiten etwas weniger dicht gestreut, dient sie doch vor allem als ein weiterer Zugang zur Per-Albin-Hansson-Siedlung. Mit der Pfarre St. Paul
(Jura-Soyfer-Gasse 5) findet sich hier allerdings ein Sakralbau, an dem sich die zweckmäßige Kirchenarchitektur der 70er-Jahre studieren lässt. 1970 bis 1976 noch als Expositur bezeichnet, wurde der Stahlbetonbau 1977 vom damaligen Wiener Erzbischof Kardinal Franz König zur Pfarre erhoben. Der Glockenturm kam 1996 hinzu, ehe die Kirche im Jänner 1997 vom Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn geweiht wurde.
Interessant ist die Gegend aber auch für Sportler, findet sich doch hier gleich hinter der Kirche die Kurt-Kucera-Halle (Jura-Soyfer-Gasse 3). In der 1974 errichteten Rundhalle wird unter anderem Basketball, Hallenfußball, Handball und Volleyball gespielt. In der Nähe ist auch der Bahnengolfclub Rot-Gold (Franz-Koci-Straße 3), wo man schon im Schaukasten auf einer Karte den Standort des Clubs mit einem Stern markiert hat. Und auch die Tennisplätze des direkt daneben gelegenen TC Laaerberg (Franz-KociStraße 1) sind künftig per U-Bahn deutlich leichter zu erreichen als bisher. Die Endstation ist einer jener wenigen Punkte auf der neuen Strecke, der schon bisher Gäste anlockte, die nicht in der unmittelbaren Umgebung wohnen. Das liegt unter anderem am Kurpark Oberlaa, der hier seinen südlichen Ausläufer hat. Hier fand 1974 die „Wiener Internationale Gartenschau“(WIG 74) statt, die insgesamt 2,6 Millionen Zuschauer anlockte. Mit 650.000 Quadratmeter ist der Kurpark eines der größten Erholungsgebiete der Stadt. Untrennbar mit dem Park verbunden ist die Therme Wien (Kurbadstraße 14). Schon 1934 war man hier bei Bohrungen auf eine heiße Schwefelquelle gestoßen, doch erst 1969 startete der provisorische Kurbetrieb. Direkt neben der alten Therme Oberlaa wurde 2010