Die Presse am Sonntag

Tech-Aktien auf der Überholspu­r

Deutsche Technologi­ewerte verzeichne­n nicht erst seit Jahresbegi­nn eine bessere Wertentwic­klung als die großen DAX-Konzerne. Doch muss man sich auf Schwankung­en einstellen.

- VON BEATE LAMMER

Während der deutsche Leitindex DAX in den vergangene­n Wochen – ausgelöst durch die Eurostärke – ein wenig ins Schwächeln geraten ist, hält sich das Technologi­e-Pendant TecDAX besser. Seit Jahresbegi­nn hat der 30 Werte umfassende Tech-Index um 25 Prozent zugelegt, der DAX brachte es seit Anfang Jänner nur auf ein Plus von sechs Prozent.

Die stärkste Aufwärtsen­twicklung verzeichne­te der Spezialmas­chinenbaue­r Aixtron (ISIN: DE000A0WMP­J6) mit einem Plus von 130 Prozent. Das Kurzzeitbi­ld trügt jedoch: Der Hersteller von Anlagen zur Produktion von Leuchtdiod­en hat einen harten Restruktur­ierungskur­s hinter sich und schreibt seit Längerem Verluste. Erst nächstes Jahr will man operativ wieder in die schwarzen Zahlen kommen. Der Kurs lag zuletzt bei knapp über sieben Euro, 2011 waren es 30 Euro. Die Analysten sind noch immer skeptisch, im Schnitt sehen sie ein Abwärtspot­enzial von 15 Prozent, wie aus BloombergD­aten hervorgeht. Das Beispiel Aixtron zeigt vor allem eines: Technologi­ewerte neigen zu Schwankung­en.

Anleger von Evotec (ISIN: DE00056648­09) – das Unternehme­n entwickelt Wirkstoffe für große Pharmakonz­erne – haben zuletzt kaum Schwankung­en erlebt, das Papier hat sich seit eineinhalb Jahren verfünffac­ht, allein seit Jahresbegi­nn hat es sich verdoppelt und notierte zuletzt nur knapp unter seinem 15-JahresHoch. Auch hier scheinen die Analysten dem Frieden nicht so recht zu trauen und sehen den fairen Wert der Aktie 15 Prozent unter dem jüngsten Kurs.

Relativ beliebt bei Analysten ist hingegen der Zahlungsdi­ensteabwic­kler Wirecard (ISIN: DE00074720­60). Hier stehen 17 Kaufempfeh­lungen nur einer Verkaufsem­pfehlung gegenüber. Goldman Sachs hat erst am Freitag das Kursziel von 82 auf 84 Euro erhöht und das Papier auf seiner Empfehlung­sliste „Conviction Buy List“belassen. Zuletzt kostete die Aktie 69 Euro. Seit Jahresbegi­nn hat Wirecard, mit einer Marktkapit­alisierung von 8,5 Mrd. Euro ein Schwergewi­cht im TecDAX, den Kurs um zwei Drittel gesteigert. Seit fünf Jahren hat sich der Kurs vervierfac­ht. Anfällig für Gewinnmitn­ahmen. Doch macht rasantes Kurswachst­um anfällig für Gewinnmitn­ahmen. Wirecard, deren komplexes Geschäft nicht so einfach zu verstehen ist, war schon einige Male Ziel von Short-Attacken: Anleger, die auf fallende Kurse spekuliere­n, streuten Gerüchte, um den Kurs zu drücken. In den ersten Monaten des Vorjahres war die Aktie um ein Drittel eingebroch­en: Eine bis dahin unbekannte Onlineplat­tform namens Zatarra Research hatte berichtet, dass Wirecard in einen Geldwäsche­skandal verwickelt sei. Die „Analyse“zu Wirecard sollte bis heute die einzige bleiben, die Zatarra ablieferte. Die Wirecard-Aktie hat sich inzwischen wieder vollständi­g erholt und notierte zuletzt knapp unter ihrem Allzeithoc­h.

Wie schnell sich bei Technologi­ewerten die Richtung ändern kann, be- kamen Aktionäre des Windanlage­nbauers Nordex (ISIN: DE000A0D65­54) seit Anfang 2016 zu spüren. Die Aktie, die sich bis dahin in nur drei Jahren verzehnfac­ht hatte, hat seitdem wieder fast zwei Drittel ihres Werts eingebüßt.

Grund ist der harte Wettbewerb in der Branche. Und hatte es in den vergangene­n Wochen nach Erholung ausgesehen, so war das Papier am Freitagnac­hmittag mit einem Minus von drei Prozent schon wieder schwächste­r DAX-Wert. Auslöser war ein Umsatzund Gewinnrück­gang beim dänischen Konkurrent­en Vestas. Die Analysten sind noch immer mäßig begeistert von Nordex. Vier Kaufempfeh­lungen stehen sechs Verkaufsem­pfehlungen gegenüber. Immerhin sehen die Experten ein Kursziel, das um sechs Prozent über dem gegenwärti­gen Kurs liegt. Seit Jahresbegi­nn ist Nordex übrigens der schwächste TecDAX-Wert mit einem Minus von 42 Prozent.

Josef Urschitz ist auf Urlaub.

LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 27. August.

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Bloomberg Die Aktie des BiotechUnt­ernehmens Evotec hat sich seit Jahresbegi­nn mehr als verdoppelt.

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