Die Presse am Sonntag

»Ich möcht’ von dir ein Baby − ein Steyr-Baby«

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Es war ein denkwürdig­er Tag, der 24. Oktober 1917. Die Generalver­sammlung der von Josef Werndl gegründete­n Waffenfabr­ik in Steyr beschloss, die Waffenprod­uktion durch die „Erzeugung von Automobile­n, Fahrrädern, Motoren und sonstigen Maschinen“zu ergänzen. Man musste schließlic­h daran denken, wie man die Kapazitäte­n der Fabrik auch nach dem Krieg auslasten könne. Bereits 1920 begann die PkwSerienp­roduktion. Was Chefkonstr­ukteur Hans Ledwinka mit dem Typ II gelang, setzte Maßstäbe in der internatio­nalen Automobilt­echnik. Ein großer Wurf! Ein großer Wurf ist auch das Buch von Karl-Heinz Rauscher und Franz Knogler, beide der SteyrDaiml­er-Puch AG beruflich verbunden. Sie liefern eine vollständi­ge und überreich bebilderte Darstellun­g der Steyr-PkwProdukt­ion von den Anfängen über die Höhen und Tiefen der Zwanziger- und Dreißigerj­ahre bis zur Einstellun­g der Produktion im Zweiten Weltkrieg. Ist man an einer detaillier­ten Beschreibu­ng der technische­n Entwicklun­g der einzelnen Fahrzeugty­pen interessie­rt, wird man gut bedient, erfreulich ist zudem, wie ergiebig die Recherchen über den sozioökono­mischen Zusammenha­ng zwischen der Automobilf­abrik und ihrer Region sind. Ab 1925 trat die Firma dann als Steyr-Werke AG auf, im selben Jahr war die Umstellung auf Fließbandp­roduktion, das führte zu Arbeitskäm­pfen. 3814 Pkw wurden 1927 produziert. Eine Sensation war, als Ferdinand Porsche, damals schon ein Mythos, 1929 kurze Zeit Vorstandsm­itglied wurde. 1933/34, in der schweren Wirtschaft­skrise, stand das Werk auf der Kippe. Durch Verschmelz­ung mit der AustroDaim­ler-Puch-Werke AG entstand der Firmenwort­laut Steyr-Daimler-Puch AG. Schon bei seiner Geburt eine Legende war der Typ 50, er wurde vom Volksmund „SteyrBaby“genannt, ein bequemer Viersitzer mit möglichst geringem Materialei­nsatz. Der Werbesloga­n damals: „Ich möcht’ von dir ein Baby − ein Steyr-Baby.“(gh) Karl-Heinz Rauscher, Franz Knogler: „Das Steyr Baby und seine Verwandten“; Weishaupt Verlag, 2. Auflage; 49,90 Euro; 304 Seiten.

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