Der Astronaut aus Böhmen
»Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt« ist die Überraschung des Spätsommers. Dem tschechisch-amerikanischen Autor Jaroslav Kalfaˇr gelang ein witzig-skurriles Debüt.
Vom staatseigenen Kartoffelacker aus startet die Rakete JanHus1 in das Weltall. An Bord des ersten Raumschiffs der tschechischen Geschichte ist Jakub Prochazka,´ Experte für interstellaren Staub. Der Astrophysiker aus Prag wird zum Helden der Nation und begibt sich 13 lange Wochen auf Weltraummission. Ganz Tschechien verfolgt gespannt, wie Jakub in den Himmel geschossen wird, um den Ruf Tschechiens als Land der Raumfahrer zu begründen.
Dem jungen tschechisch-amerikanischen Autor Jaroslav Kalfaˇr ist mit seinem Debütroman „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“eine wunderbare Sommerüberraschung gelungen. Spannend, unterhaltsam, nie oberflächlich erzählt er die Geschichte von Jakub Prochazka,´ dem Sohn einer Kollaborateursfamilie. Seine Eltern hätten ihm ein Leben in einer Welt gewünscht, die im Sozialismus geeint ist. Doch für Jakub kam es anders – das wird schon im ersten Absatz klar.
Seine Reise in das Weltall ist gleichzeitig eine Reise in die jüngere tschechische Vergangenheit. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges „drang der Kapitalismus mit seinem Konsumwahn in unser Land ein“. Jakub findet sich aufseiten der Verlierer wieder: da der Vater, der bei der Geheimpolizei war und für die Kommunisten folterte, der bis zuletzt davon überzeugt war, das Richtige getan zu haben; und der Sohn, der erst zu verstehen beginnt, als eines der Opfer seines Vaters vor der Tür steht und das Leben des Sohnes auseinandernimmt. Dazwischen stehen die Großeltern, die ihren Enkel nach dem Tod der Eltern liebevoll großziehen. Geschickt, niemals langweilig, in leichter Sprache mischt Kalfaˇr die Familiengeschichte mit der Historie seiner Heimat. Blick aus der Ferne. Bei einem Spaziergang durch Prag führt der Autor an einige der Schauplätze seines Romans. Auf dem Hügel Letna´ etwa, einem Ausflugsziel über der Moldau, zeigt er auf die in der Sommersonne glitzernden Dächer der Stadt seiner Kindheit. Der Blick aus der Ferne auf das Vertraute, das spielt auch in seinem Leben eine große Rolle. Mit 15 Jahren ist er mit seiner Mutter in die USA ausgewandert, er lebt heute im New Yorker Stadtteil