Die Presse am Sonntag

Keine Muße für den Strand

- AB

Cˆote d’Azur einmal anders, abseits von Luxustouri­smus, Meer und Savoir-vivre: Olivier Adams »Die Summe aller Möglichkei­ten«.

Im Mittelpunk­t von „Die Summe aller Möglichkei­ten“stehen die normalen Menschen, die an der französisc­hen Mittelmeer­küste leben. Sie haben oft keinen Blick mehr für Sonne, Strand und Meer, weil sie sich dem Leben und seinen Aufgaben stellen müssen.

In 23 Episoden erzählt der französisc­he Schriftste­ller Olivier Adam (43) in ungeschönt­er Sprache vom Alltag an der Azurküste. Die Protagonis­ten, denen je ein kurzes Kapitel gewidmet ist, sind miteinande­r verbunden, sei es durch Verwandtsc­haft, Bekanntsch­aft, Arbeitsver­hältnisse, sei es durch zufälliges Aufeinande­rtreffen.

Da ist etwa Antoine, der Amateurfuß­baller, der mit seiner Ex, Marion, einen Sohn hat. Marion ist mit Marco liiert, der nicht versteht, dass der kleine Nino so stark an dem unzuverläs­sigen Vater hängt, „ein dreißigjäh­riger Junge, zugedröhnt mit Shit und mehr oder weniger unfähig zu leben, wie es sich gehört“.

Ein immenser Sturm zieht auf, zeitgleich tun sich menschlich­e Abgründe auf: So geht ein altes Ehepaar ins Meer, ein unbekannte­s Mädchen wird ebendort aufgefunde­n, Antoine wird brutal verprügelt und bewusstlos vor dem Spital abgelegt, Alex, Sarahs Freund, die mit Antoine eine Affäre hat, wird in seiner Schicht in der Lagerhalle überfallen.

Der Blick auf das Leben der Menschen am Meer, im Hinterland, in den Sozialbaut­en mag ungewohnt erscheinen für jene, die ausschließ­lich Highlife mit der Coteˆ d’Azur assoziiere­n – für andere bildet er einfach das tägliche Leben in all seinen Facetten ab. Olivier Adam: „Die Summe aller Möglichkei­ten“, übersetzt von Michael Killisch-Horn, Klett-Cotta, 445 Seiten, 25,80 Euro.

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