Die Presse am Sonntag

Wenn jeder zweite Wähler älter als 49 ist

Mehr AuslŻn©sösterreic­her, weniger FrŻuen können Żm 15. Oktoãer ihre Stimme Żãgeãen. Welche Schlüsse lŻssen sich ©ŻrŻus ziehen? Eine Vermessung ©er 6,4 Mio. WŻhlãerech­tigten.

- VON IRIS BONAVIDA

Die Mehrheit unter den Bundesländ­ern ist den Niederöste­rreichern am 15. Oktober sicher. Den Frauen auch – selbst wenn die Männer etwas aufgeholt haben. Ein großes Plus bekommen auch die Auslandsös­terreicher, die Steirer haben hingegen an Stimmen verloren. So könnte das Ergebnis bei der Nationalra­tswahl aussehen – zumindest in der theoretisc­hen Annahme, dass jeder Wahlberech­tigte auch wirklich zur Urne schreitet. Seit vergangene­r Woche steht die vorläufige Wählerevid­enz fest, nach dem 5. September wird die endgültige Liste veröffentl­icht. In diesem Zeitraum sollen potenziell­e Fehler geprüft werden, Staatsbürg­er aus dem Ausland konnten sich zudem bis zuletzt noch eintragen lassen. Allzu viel dürfte sich bei der Anzahl der wahlberech­tigten aber nicht mehr ändern: 6,399.054 Österreich­er über 16 (und ohne gerichtlic­her Verurteilu­ng) können ihre Stimme abgeben. Geschlecht und Werte. Wie setzt sich diese Gruppe zusammen? Welche Schlüsse lassen sich für das Ergebnis ziehen – und kann man das heutzutage noch? Die Antwort ist, zumindest auf die letzte Frage: Jein. Denn wenn man Alter, Herkunft und andere Faktoren der Stimmberec­htigten kennt, lassen sich zwar grundsätzl­ich grobe Schlüsse auf das Wahlverhal­ten ziehen. Allerdings gibt es auch Einstellun­gen und Wertehaltu­ngen, die sich aus einer groben Statistik nicht herauslese­n lassen. Die sind mindestens genauso entscheide­nd für politische Präferenze­n. Wahlberech­tigte* Nationalra­tswahl 2017 1.533.791 1.214.855 Wahlberech­tigte nach Bundesland

Dennoch stellt sich die Frage: Wer sind sie nun, die Wahlberech­tigten in Österreich? Die Statistik aus dem Innenminis­terium zeigt: Sie sind hauptsächl­ich weiblich. Die Anzahl an Frauen im Wählerregi­ster hat zwar leicht abgenommen – mit 51,72 Prozent sind sie aber noch immer in der Überzahl.

Laut Laurenz Ennser-Jedenastik, Politikwis­senschafte­r am Institut für Staatswiss­enschaft an der Uni Wien, lassen sich in Bezug auf das Geschlecht grobe Tendenzen ableiten. Nachsatz: „Auch wenn jede Gruppe, also auch die der Frauen, extrem heterogen ist.“Grundsätzl­ich lasse sich von Umfragen nach der Nationalra­tswahl 2013 sagen: „Bei SPÖ und ÖVP ist der Unterschie­d zwischen Wählern und Wählerinne­n nicht riesig – bei Grünen und FPÖ ist er allerdings schon ausgeprägt­er.“Besonders unverheira­tete Frauen würden politisch nach links tendieren. Alter ausschlagg­ebender. Aussagekrä­ftiger ist hingegen das Alter – und zwar aus mehreren Gründen. Zahlen der Statistik Austria gliedern österreich­ische Staatsbürg­er, die am 15. Oktober mindestens 16 Jahre alt sind, in drei Kategorien (allerdings ohne Auslandsös­terreicher, vom Wahlrecht ausgeschlo­ssene sind hingegen in den Zahlen enthalten). 49,3 Prozent sind 49 oder jünger. Die Gruppe der 50- bis 74-Jährigen macht 38,1 Prozent aus, die der Über-75-Jährigen wiederum 12,4 Prozent. 58.718 Auslan†sösterreic­her

„Ältere Menschen sind eine wahnsinnig wichtige Gruppe“, sagt EnnserJede­nastik. Ohne sie sei eigentlich keine Wahl zu gewinnen. Denn sie würden nicht nur quantitati­v in der Mehrheit sein – sondern tendenziel­l auch stärker von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Studien würden darauf hinweisen, dass das an der Sozialisie­rung liegt. Sprich: „Wer 1950 geboren wurde, ist in einer Gesellscha­ft aufgewachs­en, in der man eher wählen gegangen ist.“Wer heute mit 30 seine Stimme nicht abgebe, würde es auch mit 60 nicht tun.

Außerdem würden Ältere „die ehemaligen großen Traditions­parteien wählen“, sagt der Politikwis­senschafte­r. 2013 hätten Rot und Schwarz rund 40 Prozent ihrer Stimmen von Über- 56-Jährigen erhalten. „Bei Grünen und Neos war die Gruppe halb so stark.“Die FPÖ liege dazwischen.

Das gilt auch für das Stadt-LandGefäll­e. Denn die Freiheitli­chen haben laut Ennser-Jedenastik bei der Wahl 2008 in Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern ähnlich viele Stimmen (17 Prozent) bekommen wie in größeren Gemeinden (etwas mehr als 16 Prozent). Die Grünen schneiden im urbanen Raum hingegen besser ab, die SPÖ tendenziel­l auch – „und bei der ÖVP ist es umgekehrt“. Bei der kommenden Wahl leben laut Statistik Austria rund 51 Prozent der Wahlberech­tigten im ländlichen bzw. ruralen Gebiet. Viele Unbekannte. Der Anteil an Wahlberech­tigten, die im Ausland geboren sind, liegt bei rund 7,7 Prozent. Hier lässt sich laut Ennser-Jedenastik ein vorsichtig­er Trend in Richtung links ablesen. Nicht einmal ein Prozent machen übrigens jene Österreich­er aus, die im Ausland leben. Obwohl das Interesse an

Bei SPÖ un© ÖVP spielt ©Żs Geschlecht ãeim WŻhlverhŻl­ten eine geringere Rolle. StŻ©t-LŻn©-Gef´lle? DŻs gilt für ©ie Freiheitli­chen (eher) nicht.

der alten Heimat deutlich gestiegen ist: Im Vergleich zur Nationalra­tswahl 2013 sind es immerhin 40 Prozent mehr.

Zu berücksich­tigen sind bei Prognosen auch weitere wichtige Faktoren wie „Einstellun­g zu Zuwanderun­g, zur EU und Sympathien für Politiker“. Dies würde laut dem Politikwis­senschafte­r die Wahl stark beeinfluss­en. Genauso wie der Bildungsgr­ad – das Einkommen allerdings weniger. So viel zur Theorie. Die Praxis zeigt sich am 15. Oktober.

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JŻkoã Gruãer/picture©esk.com Die FrŻuen sin© mit einem Anteil von 51,72 Prozent ©er WŻhlberech­tigten in ©er ÜberzŻhl.

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