Die Presse am Sonntag

Ein Hirsch-Zömmer zu richten

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„Niemb ein schönen Zömmer, thue solchen in ein Castroll, Gieß ein gutten Wein daran, und Essig und Wasser, saltz was recht ist, hernach gieb gantz gewürtz darauff, Muscätblie, und weis Jmpör ganzen Pfeffer, wohl Zwifel mit Mandl, besteck mit Rosmarin, Kutl krauth, lorber blätl, dieses alles untereinan­der gut gekocht, wann der Zömmer recht kocht ist, so Niemb ihn hernach auf ein Castroll töckel, oder Dortten blätl, Niemb ein saubers tuch, trückne ihn in der höche gut an, Niemb die Suppen, seuchs durch ein härenes Sieb, seuch die Suppen dar von, nemlich die fetten, hernach niemb von der nemlichen fetten in ein Pfändl, laß haiß werden, rest ein halb Weiß Brod und semel breßl durch einander, hernach gieß ein Gutten Wein daran, zuckers bieß süß genug ist, klein gewürfflet­e Lemony Schöller gestossene­s Zimmet und Nägel dieß alles untereinan­der in denen breseln geröst, daß nicht zu süß und nicht zu sauer ist, eß muß die Rechte Picäntä haben, alß dann niemb die Nemliche gereste Breßln, Gieb unter den gekochten Hirschen-Zömmer, stelle es in ein Bach ofen, oder Dortten Pfann, daß die Breßl Stähre haut bekommen, giebs auf ein Schüssel, gieb ein wenig von der Nemlichen Suppen, stelle es auf ein glut, hernach gieb ein Pommeränts­chen Soß, oder was beliebig darzue, ist förtig.“ Garnierung: Man möge das Fleisch mit Rosmarin „bestecken“und „Nägel“hinzufügen, sagt dieses barocke Rezept für Hirschziem­er, Hirschrück­en samt Lende. Es dämmert uns: Im Kinderlied „Guten Abend, gut’ Nacht“kommt „mit Näglein besteckt vor“. Es handelt sich um Gewürznelk­en, die einst an Wiegen und Kinderbett­en befestigt wurden, um Krankheite­n fernzuhalt­en. Das Rezept (zitiert nach „Karpfen, Krebs und Kälbernes“, Mandelbaum-Verlag) sieht ein süßsaures Aromenspie­l vor, mit Bitteroran­gen, Zimt, Zitronensc­hale, Gewürznelk­en, Weißbrot und Wein. Wichtig ist das Abschmecke­n: „eß muß die Rechte Picäntä haben“.

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