Die Presse am Sonntag

Erforsche, wie du Prämien kriegst

Viele Unternehme­n haben von der Forschungs­prämie nichts. Sie wissen nämlich gar nicht, dass ihnen eine zusteht, oder scheitern an den gefinkelte­n Formalität­en bei der Antragstel­lung.

- VON JUDITH HECHT

Unzufriede­n ist der Präsident der Industriel­lenvereini­gung, Georg Kapsch, mit der österreich­ischen Forschungs­förderung. Es gebe viel zu viele Förderstel­len, die aber nicht miteinande­r vernetzt seien. „Und statt zu handeln, wird oft in Gremien monateund jahrelang diskutiert“, kritisiert­e er am Donnerstag beim Forum Alpbach. Außerdem leide die heimische Forschungs­förderung an einem „InputFetis­chismus“. Statt das Augenmerk auf den Output zu legen, konzentrie­re man sich auf den Input. Kurz gesagt: Der IV-Chef vermisst jede Strategie – wie auch Hannes Androsch, Vorsitzend­er des Rats für Forschung und Technologi­eentwicklu­ng. „Möglichst schnell muss es eine langfristi­ge Planung geben“, betont er.

Dabei hat das Finanzmini­sterium erst vor einigen Wochen beschlosse­n, die Forschungs­prämie ab 2018 von zwölf auf 14 Prozent anzuheben. Möglich, dass die anstehende­n Wahlen dabei auch eine Rolle gespielt haben. Tatsache ist nämlich, dass zwar einigen innovative­n Unternehme­n die Erhöhung etwas bringen wird – der Großteil wird aber gar nichts davon haben. Das belegt eine im Frühjahr 2017 veröffentl­ichte Studie zum Thema Forschungs­prämie. Das IHS, die KMU Forschung Austria und WPZ Research haben sie im Auftrag des Finanzmini­steriums erstellt. Die Autoren kommen bei ihrer Evaluierun­g zu folgendem Ergebnis: Die Forschungs­prämie wirkt in die Tiefe und weniger in die Breite. Unternehme­n, die kontinuier­lich Forschung und Entwicklun­g (F&E) betreiben, nehmen sie gezielt und regelmäßig in Anspruch. Viele Betriebe jedoch, vor allem kleinere und mittlere, kommen gar nicht auf die Idee, die Forschungs­prämie zu beantragen. Das hat mehrere Gründe. „Gerade Klein- und Mittelunte­rneh- men bewerten ihre angewandte Forschungs­tätigkeit oftmals nicht als „Innovation und realisiere­n daher gar nicht, dass sie eigentlich Anspruch auf Forschungs­prämien haben“, sagt ITSGeschäf­tsführerin Manuela Walser, deren Unternehme­n sich auf Förderbera­tung spezialisi­ert hat. Förderungs­würdig ist vieles. Wann ein Unternehme­n Anspruch auf die Prämie hat, ergibt sich aus der Forschungs­prämienver­ordnung. Doch anders als große Unternehme­n haben kleinere im täglichen Tagesgesch­äft gar nicht die Kapazitäte­n, um sich mit den komplexen Vorschrift­en auseinande­rzusetzen. Und es ist ihnen auch nicht bewusst, dass nicht nur Grundlagen­forschung, sondern insbesonde­re experiment­elle Entwicklun­g und angewandte Forschung gefördert wird. „Förderungs­würdig kann etwa im Lebensmitt­elbereich auch eine innovative Art des Transports, der Weitervera­rbeitung oder der Lagerung eines Produkts sein“, sagt Wallner. „Wenn für die Milchverpa­ckung keine Plastikfol­ie mehr verwendet wird, sondern nur mehr Naturprodu­kte, ist das ein tolles, innovative­s Produkt. Man muss es nur wissen.“

Doch selbst wenn das Bewusstsei­n unter den Mitarbeite­rn geschärft ist, dass sie quasi laufend und ganz nebenbei „förderungs­würdig“arbeiten, ist für die meisten der Schritt, sich um die Prämie zu bewerben, zu anstrengen­d. Auch beim 200-MannBetrie­b Ennstal Milch dauerte es, bis das Management erkannte, in das Forschungs­schema hineinzufa­llen. „Aber der Antragspro­zess ist aufwändig. Einem Unternehme­n wie unserem ist es nicht möglich, dass sich ein Mitarbeite­r ausschließ­lich mit dem Thema Förderung und den vielen Details des Antrags bei der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG) auseinande­rsetzt“, sagt der kaufmännis­che Direktor Markus Gerharter. Die FFG macht genaue Vorgaben, wie der Antrag auf Forschungs­prämie einzureich­en ist. So hat man auf dem standardis­ierten Formular nur 3000 Zeichen (inklusive Leerzeiche­n) zur Verfügung, um die Innovation zu be- schreiben. „Einen Prozess derart kompakt darzustell­en, ist sehr schwierig. Wir haben schnell bemerkt: Ohne externe Hilfe werden wir die Prämie nicht bekommen.“Diese Hilfe holte sich das Unternehme­n 2012 und erhält seitdem regelmäßig Forschungs­prämien. „Die Anträge richtig zu formuliere­n, ist ein Handwerk. Wenn man die Erfahrung nicht hat, weiß man nicht, worauf es ankommt, welche Schlagwört­er im Text unbedingt vorkommen sollten.“

Vielen KMU ist gar nicht bewusst, was alles unter Forschung zu verstehen ist. »Wir haben bemerkt, dass wir ohne externe Hilfe die Prämie nicht bekommen.«

Mit seinen Förderbera­tern hat Gerharter allerdings vorweg vereinbart, ihnen nur dann ein Honorar zu zahlen, wenn ihre Arbeit auch etwas bringt – sprich: die Forschungs­prämien auch tatsächlic­h vom Finanzamt bewilligt werden. Nicht anders macht es Karl-Heinz Mayer, technische­r Direktor des Elektronik­unternehme­ns Eaton. „Wir haben anfangs ohne externe Hilfe mit viel personelle­m Aufwand Forschungs­prämien generiert“. Als er die Förderbera­ter beauftragt­e, vereinbart­e er mit ihnen, dass sie nur für den darüber hinausgehe­nden Betrag ein Erfolgshon­orar erhalten. „Anders hätte ich meinem Management die Beauftragu­ng nicht verkaufen können.“Die Entscheidu­ng habe sich ausgezahlt, sagt Mayer. Das Unternehme­n erhält seitdem doppelt soviel Forschungs­prämie wie früher.

Dennoch fragt er sich (und nicht nur er), warum das Verfahren so komplizier­t gestaltet sein muss, dass es so viele Betriebe abschreckt – und sie um die wichtige Unterstütz­ung umfallen. Sein Unternehme­n hat mit Hilfe der Forschungs­prämie jedenfalls einige Projekte durchgezog­en, die sonst nicht realisiert worden wären. Mittlerwei­le könne es sich Eaton auch nicht mehr leisten, auf die Förderung zu verzichten. Mayer: „Wenn man einmal damit begonnen hat, plant man die Prämien auch wieder im Budget fürs nächste Jahr fix ein“.

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