Das Leben auf großem Rad
Die USA waren immer schon eine SUV-Nation. Das Faible für große Autos erreicht jetzt auch die Millennials. Wie ihre Elterngeneration drängen sie in die Suburbs – nur mit noch größeren SUVs.
Um es gleich vorwegzunehmen: In ihrer Begeisterung für das etwas größere Format auf der Straße stehen die Autokäufer in unseren Breiten den Amerikanern um nicht mehr viel nach.
Ein SUV schafft es in Österreich mittlerweile ebenso unter die Top drei der Zulassungsstatistik wie in Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Schweden und der Schweiz.
Bei uns liegt die Kategorie „Geländefahrzeuge und SUVs“gemäß den Zahlen der Statistik Austria auf dem zweiten Platz hinter den Kompakten – mit Zuwachsraten, die auf einen baldigen Führungswechsel hindeuten.
Freilich: SUV ist nicht gleich SUV. Die Bandbreite reicht vom aufgebockten Kleinwagen (wie dem Peugeot 2008, dem Drittplatzierten in Frankreich) über das Kompakt-SUV (wie dem europäischen Marktführer Nissan Qashqai und Österreichs Nummer drei, dem VW Tiguan) bis zu allerlei Full-Size-Varianten. Fest steht aber: Klassische Formate wie Kleinwagen, Kompakte, Mittelklasse und Minivan sind angezählt, der SUV-Boom findet auf ihre Kosten statt.
Ebenso fix: Durch größere Räder, mehr Stirnfläche durch höhere Aufbauten und mehr Gewicht werden Autos nicht umweltfreundlicher oder sparsamer. Der SUV-Boom geht aus ökonomischen Gründen Hand in Hand mit dem europäischen Dieselboom der vergangenen Jahre. Bei uns ein Monstrum. In den USA lebt man ohnehin auf größerem Fuß. Der Sprit ist traditionell billig, Dieselmotoren spielen bei Pkws keine Rolle. Seit Jahren ist das meistverkaufte Auto der USA etwas, das man auf unseren Straßen als Monstrum bezeichnen würde: der Ford F-150, ein Pick-up im Full-Size-Format. Der 3,3-Liter-Sechszylinder des 2018er-Jahrgangs, eine Alternative zum V8, wird vom Hersteller als Inbegriff von Vernunft und Genügsamkeit ausgelobt.
Der Ford läuft als Light Truck, und für diese Fahrzeuge gibt es in den USA Steuervorteile. Die Plätze zwei und drei belegen die Pendants von Chevrolet und Dodge. Die großen Pick-ups sind ein amerikanisches Wahrzeichen – sie kosten in Basisversion nicht viel mehr als ein VW Golf bei uns.
Sprechen wir von Pkws, führt (noch) der brave Toyota Camry die USCharts an – in absoluten Zahlen aber hinter den drei genannten Light Trucks und schon schwer in Bedrängnis geraten durch mittelgroße SUVs.
Etwas unerwartet ist eine Entwicklung, die die Generation der Millennials (zwischen 1980 und 2000 Geborene, bei uns auch Generation Y genannt) vorantreibt: der Zug in die Vorstädte, wie die Elterngeneration, in noch größeren SUVs als diese. Mit ihrem eigenen Babyboom und erstem Wohlstand sind sie die aktuell größten Hauskäufer in den Staaten, „das mag viele überraschen, die dachten, diese Leute würden sich mehr für teure Avocadotoasts interessieren als für das Sparen auf ein Eigenheim“, so das Fachblatt „Auto-
Der Mythos von den Digital Natives ohne eigenes Auto ist gründlich entzaubert.
motive News“. „Sie leben nun das Leben ihrer Eltern, mit Kindern, dem Haus in den Suburbs und dem bulligen SUV davor.“
Damit ist der Mythos von den Digital Natives, die sich dank Smartphone und Fahrtendiensten nicht für den Erwerb eines Autos interessieren, nachhaltig entzaubert. Analysten rechnen schon durch, dass sich die aktuelle Entwicklung auf dem amerikanischen Pkw-Markt – sowohl mittelgroße als auch große SUVs legen beständig zu – in den kommenden Jahren verstärken wird, wobei die großen SUVs – bei uns die Monstrum-Klasse – mit 25 Prozent bis 2022 überproportional zulegen.