Schicksalsspiel in Wales Die Kunst des Siegens ist gefragter denn je
Österreichs Fußball-Nationalteam steht in der WM-Qualifikation unter enormem Erfolgsdruck. »Wir sind in Wales zum Siegen verdammt«, sagt Marc Janko vor dem richtungsweisenden Duell nächsten Samstag. Für Teamchef Marcel Koller geht es darum, einen argen Ab
Trainer sind im Fußballgeschäft seit jeher das schwächste Glied in der Kette. Sie geraten bei Misserfolg teils besorgniserregend schnell in die Schusslinie von Fans und Medien, manchmal liegen zwischen Vertragsunterschrift und Kündigung nur ein paar Wochen. Teamchefs haben dahingehend ein etwas leichteres Los als Vereinstrainer. Sie stehen nicht jedes Wochenende auf dem Prüfstand, das macht sie ein Stück weit weniger angreifbar.
Marcel Koller kennt als Fußballlehrer beide Seiten. Beim 1. FC Köln waren ihm in der deutschen Bundesliga nur sieben Monate vergönnt, ehe Abstieg und Beurlaubung folgten. In Bochum blickte der Schweizer später mit Stolz auf vier Jahre Amtszeit zurück, ein beachtlicher Zeitraum im so schnelllebigen Tagesgeschäft Fußball. Nirgendwo aber arbeitete der gebürtige Zürcher länger als in Österreich. Seit 1. No-
Punkte
holt das österreichische Nationalteam unter dem Schweizer im Schnitt. Das bedeutet in bislang 50 Spielen 23 Siege, zwölf Remis und 15 Niederlagen.
Spieler
hat Koller im ÖFBTeam eingesetzt. Auf die meisten Einsätze kam Marko Arnautovi´c (47 Spiele). vember 2011 ist Koller nun Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft, er hatte das Erbe des glücklosen Dietmar Constantini angetreten.
Kollers bisherige Karriere als ÖFBTeamchef gleicht einer Achterbahnfahrt, emotional wie sportlich. Anfänglich in rauem Ton von nationalen Fußballikonen wie Herbert Prohaska (er entschuldigte sich in der Folge mehrmals) oder Toni Polster in Empfang genommen, wandelte sich die Stimmung bald ins Positive. Mit seiner ruhigen und sachlichen Art, dem Einfühlungsvermögen im Austausch mit seinen Spielern und seinem Verständnis für Spiel und Taktik gewann er das Vertrauen der Mannschaft und, nachdem sich die ersten Erfolgserlebnisse auf dem Rasen eingestellt hatten, auch jenes der nach Siegen lechzenden Fangemeinschaft. Obwohl die Qualifikation für die WM 2014 – das Team landete in der Gruppe hinter Deutschland und Schweden auf Rang drei – noch nicht gelingen sollte, hatte sich ein Aufschwung Fußball-Österreichs bereits deutlich abgezeichnet.
Kollers Arbeit gipfelte nach einem furiosen Lauf von neun Siegen und einem Unentschieden in der erfolgreichen Qualifikation für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Das ÖFBTeam drang in die Top Ten der Welt- rangliste und in damit bislang völlig unbekannte Sphären vor, es war plötzlich international angesehen, manche sahen in Österreich sogar schon einen EM-Geheimfavoriten. Ein Trugschluss. Nächstes Endspiel. Im Frühjahr 2016, knapp vier Monate vor Beginn der Euro, erschien das biografische Werk „Marcel Koller – Die Kunst des Siegens“. Rückblickend erscheint dies regelrecht bizarr, denn der Rest der jüngeren Geschichte des Nationalteams ist bekannt. Über die Geschehnisse in Frankreich wollte man anschließend lieber nur teamintern in aller Ausführlichkeit diskutieren. Fakt ist: Das Länderspieljahr 2016 (zwei Siege, drei Unentschieden, sieben Niederlagen) war ein Rückfall in alte Zeit, als Constantini noch die Verantwortung trug (Bilanz 2011: zwei Siege, zwei Unentschieden, sieben Niederlagen – siehe Grafik).
Seit geraumer Zeit hat das österreichische Nationalteam die Kunst des Siegens verlernt, dabei wäre sie nun gefragter denn je. In der laufenden WM- Qualifikation klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander, das liegt auch an der gestiegenen Erwartungshaltung. Wer in den Heimspielen gegen die direkte Konkurrenz aus Irland und Wales nur einen Punkt holt, der steht zwangsläufig mit dem Rücken zur Wand. Nach sechs von zehn Partien trennt das Team vier Punkte von Spitzenreiter Serbien und Verfolger Irland.
2016 war die Bilanz schlecht wie zuletzt 2011 – sieben Niederlagen in einem Jahr. Bislang wurde die WM-Chance am Leben erhalten, in Wales folgt das nächste Endspiel.
Hochstilisierte Endspiele hatten Marcel Koller und seine Mannen nach dem verpatzten Start zuletzt bereits gegen Moldau (2:0) und in Irland (1:1), am Samstag (20.45 Uhr, live ORF eins) folgt das nächste gegen Wales. Die Ausgangsposition vor dem Duell in Cardiff ist aber noch eindeutiger respektive prekärer geworden: Nur ein Sieg hält