Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Hoffnung Internet. Der Zugang zum Internet scheint die perfekte Marketingl­ösung für junge Künstler. Doch die Qualitätsa­uswahl durch Galerien spielt eine wesentlich­e Rolle.

Das Internet scheint für viele aufstreben­de Künstler die Antwort auf ihre Gebete zu sein. Denn neben Kuratoren von Institutio­nen waren es bisher vor allem die Galerien, die den Weg zu Künstlerka­rrieren ebneten. Zwar ist die Aufnahme in einer Galerie noch kein Garant dafür, als Künstler oder Künstlerin vom Markt angenommen zu werden, aber zumindest sind die Voraussetz­ungen vorhanden. Das bedeutet aber auch, dass die Galerien letztlich die Macht darüber haben, wem sie wie viel Raum einräumen. Der Umstand, dass Galerien einen bestimmten Künstler oder eine Künstlerin in einer Ausstellun­g präsentier­en, kommunizie­rt der Öffentlich­keit, dass diese Kunst es wert ist, gezeigt zu werden. Dadurch wird sie ästhetisch, sozial und letztlich auch finanziell legitimier­t. Denn die Galerie steht für Qualität. Besonders betrifft das die Luxuslabel­s unter den Galerien, wie beispielsw­eise Gagosian oder Zwirner. Sobald ein Künstler oder eine Künstlerin dort repräsenti­ert wird, selbst wenn bisher noch kaum bekannt, haben sie den Stempel des Luxusguts. Ähnlich wie wenn ein buntes Seidentuch das Emblem von Hermes trägt. Dann wird das Seidentuch plötzlich zur hochpreisi­gen Luxusware. Überforder­ung. Deshalb setzen viele junge Künstler ihre Hoffnung auf direkte Vermarktun­g im Internet oder via Kunstplatt­formen. Doch die detaillier­te Recherche des Autors Tim Schneider für sein Buch „The Great Reframing. How Technology Will- and Won’t - Change the Gallery System Forever“, belegt, dass der Plan der Selbstverm­arktung über das Netz nicht der große Gamechange­r sein wird. Das traditione­lle Galerieges­chäft sei für talentiert­e, junge Künstler und Künstlerin­nen nicht mehr die einzige Möglichkei­t, an potenziell­e Käufer heranzukom­men, schreibt Schneider. „Aber der vermeintli­che Gewinn an Demokratie wird nicht so schnell eine Veränderun­g bringen, wie manche hoffen“, so Schneider. Denn jetzt kann jeder mit Internetzu­gang um Käufer für Kunst werben. „Das Ergebnis ist eine Flut an Kunst, die den Käufer überforder­t und die Unterschei­dungsmerkm­ale nivelliert, so wie einzelne Wassertrop­fen, die sich in einem Meer nicht mehr voneinande­r unterschei­den“, schreibt Schneider. Mit anderen Worten, die Revolution und die scheinbar unbeschrän­kten Möglichkei­ten des Internets gehen in dem Fall nach hinten los. „Denn die Gatekeeper­funktion der Galerien steht vor allem für die profession­elle Vorauswahl und damit Qualität“, resümiert Schneider. Und das ist eine der wichtigste­n Auswahlkri­terien für nicht profession­elle Kunstkäufe­r.

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