Verhütung für Wildtiere oder doch der Abschuss?
Im Lainzer Tiergarten giãt es viel zu viel Wil©. Wie re©uzieren? DŻs ãirgt Stoff für heftige Konflikte.
Die Büchse der Pandora bleibt doch geschlossen. Beinahe hätte man im Lainzer Tiergarten eine Linie überschritten, die lange als ein Tabu galt: Dort, in den früheren Jagdgründen des Kaisers, gibt es bekanntlich zu viel Wild, vor allem die Wildschweine sind ein Problem. Um diese zu reduzieren, war geplant, den Einsatz medikamentöser Verhütung zu testen. Immuno-Kontrazeption heißt die Methode (sie wird bereits in Zoos oder in Wildtier-Projekten angewendet, bei Wildpferden im Donaudelta, zum Beispiel), dabei wird den Tieren körperfremdes Eiweiß mittels Narkosegewehr gespritzt, das löst eine Immunreaktion aus, die offenbar zu Unfruchtbarkeit führt.
Das kommt nun doch nicht, sagt Andreas Januskovecz, der Forstdirektor der Stadt Wien. Zwar wäre diese Verhütungsmethode nur an den Tieren im Schaugatter getestet worden – aber die Idee hatte heftige Konflikte ausgelöst. Schließlich tut sich an der Grenze Verhütungsmittel für Wildtiere versus Abschuss ein (weiterer) Graben zwischen Jägerschaft und Tierschützern auf.
Januskovecz, selbst Jäger, wollte einen, wie er sagt „für Jäger unerhörten Weg“einschlagen. Und hat unter anderem den Verein gegen Tierfabriken, VGT, samt dem umstrittenen Obmann Martin Balluch eingeladen. Die alte Lösung, bei zu viel Bestand einfach mehr zu erlegen, sehen Tierrechtsaktivisten kritisch, also wurde 2015 ein mögliches Projekt zur Fortpflanzungsverhütung angesetzt. Tabubruch und ein „Riesencrash“. Verhütungsmittel für Wildtiere? Ethisch ist das ein heikles Feld, für Jäger ein Tabubruch, ein Kniefall vor „militanten Tierrechtsaktivisten“, ein Eingriff in die Natur, der viel zu weit geht – und der freilich auch die Jagd obsolet macht: Wo Bestand via Geburtenkontrolle reguliert wird, gibt es nichts zu schießen. Januskovecz spricht von einem „Riesencrash“und einem „gewaltigen Aufschrei“der Jägerschaft, Verbände aus ganz Österreich hätten sich eingeschaltet. Allein dass er überhaupt mit Tierschützern redet, habe Jäger entsetzt. „Kritik an sich stört mich nicht, aber die Diskussion muss man führen können“, sagt er, „wir müssen nachdenken dürfen, auch mit jagdkritischen Gruppen, das darf kein Tabu sein.“
Vorerst ist der Konflikt beigelegt, es gibt keine Verhütung, es wird wei- ter geschossen. Zuständig für die Jagd im Lainzer Tiergarten sind die Berufsjäger der MA 49. Einzelne Abschüsse werden auch verkauft, schließlich zahlen Trophäenjäger 1500 bis 3000 Euro, um einmal im alten Jagdgatter des Kaisers ein Wildschwein zu erschießen. 30 bis 40 solcher zahlender Gäste zählt Januskovecz im Lainer Tiergarten im Jahr. In Summe nimmt die MA 49 in ihren Jagdgebieten (die reichen bekanntlich bis ins Schneeberg/Rax-Gebiet) mit solchen Abschüssen 600.000 bis 700.000 Euro pro Jahr ein. Hirsche werden verschwinden. Auch weil die Jagd dort so begehrt ist, wurde im Lainzer Tiergarten zu viel Wild eingesetzt und mittels Fütterung gehegt, sodass der Bestand größer ist als die Tragfähigkeit des Geländes. In den kommenden Jahren wird dort mehr geschossen und weniger gefüttert, um den Bestand auf ein „lebensraumkonformes Niveau“zu senken. Rotwild, Damm- und Muffelwild soll überhaupt aus dem Lainzer Tiergarten verschwinden, so Januskovecz.
Für Rotwild ist das umzäunte Areal zu klein, es kann nicht abwandern und das Leben dort ist zu stressig – davon gibt es aber ohnehin nur einzelne wenige Exemplare. Dammund Muffelwild (davon leben je 60 bis 70 bzw. 200 Tiere im Lainzer Tiergarten) sind dort überhaupt nicht heimisch, sie wurden zur Zeit des Kaisers, bzw. Muffel erst später, in den 1950er-Jahren, eingesetzt, damit die Jagdgesellschaften auf exotischere Tiere schießen können. Heute konkurrieren sie mit dort heimischen Arten um Ressourcen, also wird auch dieser „Bestand auslaufen“. Der Schwarzwild-Bestand soll von aktuell 600 bis 700 Exemplaren (zu Hochzeiten waren es auch schon 1200) auf etwa die Hälfte verringert werden. Bei Rehen ist kein Eingriff vorgesehen.
J´ger gegen Tierschützer – ©Ż wer©en nüchterne DeãŻtten mitunter schwierig. Jenes Wil©, ©Żs nur zur JŻg© im TiergŻrten eingesetzt wur©e, wir© verschwin©en.
Die neun Mufflons und 14 Stück Dammwild, Tiere aus dem Schaugatter, werden nach und nach ausgewildert, denn das wird in kommenden Jahren nun komplett aufgelassen. Diese Form, Tiere zu präsentieren, sei nicht mehr zeitgemäß, sagt Januskovecz. In zwei, drei, maximal vier Jahren werde es diesen umzäunten Bereich nicht mehr geben. Abgesehen davon wird sich für die Besucher allerdings wenig ändern, sagt Januskovecz. Bloß werde man in ein paar Jahren eben seltener einem Wildschwein über den Weg laufen.