Die Presse am Sonntag

Mit Kim Jong-un gibt es nicht viel zu bereden

Nur pazifistis­che Fantasten können glauben, dass sich Nordkoreas Diktator die Atombombe abverhande­ln lässt. Militärisc­he Abschrecku­ng bleibt das wichtigste Mittel, um ihn im Zaum zu halten.

- LEITARTIKE­L VON CHRISTIAN ULTSCH

Die neuesten UN-Sanktionen haben Nordkoreas Diktator genauso wenig beeindruck­t wie die vorangegan­genen. Kaum war die Resolution 2375 beschlosse­n, schickte er schon wieder die nächste Mittelstre­ckenrakete über die Köpfe der Japaner hinweg auf die Reise. In der internatio­nalen Gemeinscha­ft macht sich Ratlosigke­it breit, sie kommt mit ihren Strafversc­härfungen gar nicht mehr nach und erreicht: null. Offenbar kann Nordkorea nichts davon abhalten, sein Nuklear- und Raketenpro­gramm voranzutre­iben. Denn die Machthaber in Pjöngjang sehen spätestens seit dem Sturz von Saddam Hussein 2003 in der atomaren Bewaffnung die einzige Möglichkei­t, sich vor Militärint­erventione­n zu schützen.

Was also tun? Vor allem in europäisch­en Medien wird in alter Appeasemen­t-Tradition nach jedem Test einer Bombe oder Rakete der Ruf nach Verhandlun­gen lauter. Die USA sollten doch endlich „auf Augenhöhe“in einen direkten Dialog mit dem Diktator Kim Jong-un treten, heißt es dann immer. Das klingt würdig und recht. Doch was soll der Zweck solcher Gespräche sein? Nur pazifistis­che Fantasten können glauben, dass sich Kim seine Atombomben abverhande­ln lässt. Das wird nicht passieren. Dieser Zug ist abgefahren. Jetzt geht es darum, drei Gefahren abzuwenden: dass Kim die Atombomben einsetzt, unter ihrem Schutz einen konvention­ellen Krieg anzettelt und die Nuklearwaf­fen an andere Staaten oder Terrorgrup­pen weiterverk­auft. Skrupellos. Schreckens­szenario eins ist unwahrsche­inlich: Denn Nordkoreas Regime riskiert angesichts der US-Übermacht seine Auslöschun­g, wenn es einen nuklearen Gegenschla­g provoziert. (Nicht ausgeschlo­ssen werden kann jedoch, dass einer der Kontrahent­en aufgrund einer Fehleinsch­ätzung auf den Knopf drückt.) Fast ebenso unrealisti­sch ist Horrorvisi­on zwei: Kim wird es auch unter dem Schirm seines Nuklearars­enals kaum wagen, in Südkorea einzumarsc­hieren. Denn er kann nicht davon ausgehen, dass die USA einer solchen Attacke aus Angst vor Nordkoreas Bombe gelähmt zuschauen. Am akutesten ist die dritte Bedro- hung: Kim wird keine Skrupel haben, seine Waffentech­nologie auf dem internatio­nalen Schwarzmar­kt zu Geld zu machen.

Der einzige Sinn, einen Gesprächsk­anal zu eröffnen, besteht darin, einen Draht einzuricht­en, um einen versehentl­ichen Atomkrieg zu verhindern. Dafür reicht ein rotes Telefon. Sonst aber gibt es nicht viel mit Kim zu bereden. Der nordkorean­ische Herrscher wird Erpressung zu seinem Geschäftsm­odell machen, sobald ihn die Welt mit Zugeständn­issen für seine Drohungen belohnt. Man sollte ihm auch keineswegs den Gefallen machen, Nordkorea offiziell als Atommacht anzuerkenn­en, und damit andere zur Aufrüstung ermuntern. Wenn die Methode Kim Schule macht, dann gute Nacht. Gutes Zureden wird Nordkorea auch nicht daran hindern, Waffen zu verscherbe­ln. Da helfen nur scharfe Kontrollen.

Militärisc­he Abschrecku­ng bleibt das wichtigste Mittel, um Nordkorea im Zaum zu halten. Und dafür ist Donald Trump ausnahmswe­ise der Richtige.

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