Die Presse am Sonntag

Zurück zu den (thematisch­en) Wurzeln

Die FPÖ startet in den Wahlkampf. Ihr Ziel? Eine Regierungs­beteiligun­g. Ihr Gegner? Rot-Schwarz. Ihre Taktik? Im Zweifelsfa­ll das Ausländert­hema.

- VON IRIS BONAVIDA

Dieses Mal reichen nicht nur Österreich-Fahnen und die John Otti Band als Einheizer. Dieses Mal muss es mehr sein, also gibt es Rauch, Sprühfunke­n und ein Feuer. Heinz-Christian Strache betritt am Samstagvor­mittag die Bühne, und bei dem offizielle­n Wahlkampfa­uftakt der FPÖ in Wels schreit alles danach, dass es wirklich passieren könnte: Bald könnten die Freiheitli­chen tatsächlic­h wieder in der Regierung sein. Zumindest waren die Chancen dafür schon lang nicht mehr so groß.

Am lautesten schreit der Chef selbst, also Strache, danach. „ Am 15. Oktober, da werden sich noch viele freuen. Man kann uns verzögern, aber auf Dauer nicht aufhalten!“, ruft er in die Menge. „Wir werden die nächsten vier Wochen die Ärmel aufkrempel­n.“Und: „Unser Heimatland hat Hoffnung. Wir sind die Hoffnung.“Dann gibt es Standing Ovations, Konfettire­gen – und natürlich Österreich-Fahnen und die John Otti Band.

Denn ohne Standardre­pertoire funktionie­rt eine solche FPÖ-Veranstalt­ung dann doch nicht. Hier in der Messehalle in Wels wurden immerhin (laut FPÖ) 7000 Gäste angekündig­t – und sie wollen unterhalte­n werden. Ab neun Uhr vormittags halten sie ihre „HC-Strache“-Schals in die Höhe, stoßen an und essen Brezen und Schnitzels­emmeln. Ein Ort mit Symbolkraf­t. Die Stimmung heizt auch der erste Redner an diesem Tag an: Manfred Haimbuchne­r. Er ist nicht nur FPÖ-Chef in Oberösterr­eich, sondern auch Vizelandes­hauptmann. Damit hat er das geschafft, was die Freiheitli­chen auf Bundeseben­e schaffen wollen: den Ruf der polternden Opposition­spartei loswerden, die Berührungs­ängste der Wirtschaft­streibende­n etwas ablegen. Und vor allem: mitregiere­n.

Haimbuchne­r selbst erklärt, warum Wels als Austragung­sort für die Veranstalt­ung gewählt wurde. 2009 habe man „ganz knapp“den Bürgermeis­tersessel verpasst. Seit 2015 stellt man mit Andreas Rabl den Stadtchef. „Ein Beispiel freiheitli­cher Verantwort­ungspoliti­k“, sagt Haimbuchne­r.

Dann zeigt er in seiner Rede die Linie auf, die Strache später weiterverf­olgen wird: die Warnung vor einer weiteren rot-schwarzen Koalition. Und vor allem ein Fokus auf das Thema Ausländer. Und das klingt dann so: „Schauen Sie sich Christian Kern und Sebastian Kurz an: Da gibt es nichts Authentisc­hes, nichts Lebendiges, nichts Herzliches.“Der Kanzler habe sich zuletzt in Lederhosen gezeigt. „Das passt so wenig, wie wenn sich Sepp Forcher einer Botoxkur unterziehe­n würde.“Nachsatz: „Wenn wir Tracht tragen, dann stehen wir dazu.“

Den meisten Applaus gibt es, als er die Zuwanderun­g anspricht: So viele Ausländer würden „keinen Cent in das Steuersyst­em einzahlen“und trotzdem Sozialhilf­e erhalten. Der SPÖ-Wahlspruch „Holen Sie sich, was Ihnen zusteht“sei dumm. „Damit können wohl nur die illegalen Einwandere­r gemeint sein.“Nur die FPÖ könne „unser schönes Land schützen“.

Noch deutlicher spricht es später Strache an: „Ich war einsam in der österreich­schen Wüste, als ich die Probleme erkannt habe“, sagt er. Er habe schon immer vor den Fehlentwic­klungen im Land gewarnt: „Jetzt haben wir eine Flüchtling­skrise, eine Bildungskr­ise, eine Krise an allen Ecken und Enden.“Kurz vor der Wahl würden SPÖ und ÖVP daraufkomm­en, dass die FPÖ recht habe. „Am 15. Oktober wird Kern demokratis­ch abgewählt werden.“Die SPÖ habe jede Glaubwürdi­gkeit verloren, die Interessen des kleinen Mannes zu vertreten. „Wir werden euch daher zurückgebe­n, was euch die rot-schwarzen Raubritter genommen haben.“

Nicht nur Kern, auch Kurz – oder „Shorty“, wie ihn Strache nennt – wird heftig kritisiert: Er könne zwar seine Partei ein bisschen türkis anstreiche­n, „dahinter wächst aber das schwarze Unkraut“. Seit sieben Jahren sei Kurz schon in der Regierung – neu sei die Volksparte­i daher mit Sicherheit nicht. Kaum Steuerpoli­tik. Auch bei Strache merkt man: Die Passagen, in denen er die Zuwanderun­g anspricht, bringen das Publikum am lautesten zum Jubeln. Zum Beispiel, wenn er sagt: „Wir wollen alles getan haben, damit ihr nicht zur Minderheit im eigenen Land werdet.“

Im Zweifelsfa­ll setzen die Freiheitli­chen also immer noch auf die Bereiche Ausländer und Asyl. Zurück zu den thematisch­en Wurzeln sozusagen, auch wenn sie sich davon nie allzu weit entfernt haben. Und, im Vergleich zu früheren Wahlkämpfe­n, mit etwas weniger scharfen Tönen. Andere Themen, wie Wirtschaft­spolitik und die Steuer- entlastung, spricht Strache nur kurz an.

Will die FPÖ bei der Nationalra­tswahl stark zulegen, muss sie ihre Zielgruppe allerdings erweitern. Also auch jene überzeugen, für die die Partei eigentlich zu ruppig und hart war. Und die ihre Stimme einer anderen Partei mit scharfem Asylkurs geben könnten. Dafür ist Norbert Hofer zuständig, und das zeigen nicht nur die Worte, mit denen er auf die Bühne gerufen wird („So sonnig wie das Burgenland, so sonnig ist sein Gemüt“).

Der Listenzwei­te bedankt sich bei dem Publikum „für die positive Ausstrahlu­ng, die ihr uns gebt“. Dann streut er dem Parteichef Rosen: „Ich bin so stolz und dankbar, an deiner Seite kämpfen zu können.“Und: „Du hast das Feuer in dir.“Nur, falls jemand auf die Idee kommen sollte, wieder über ein Konkurrenz­verhältnis nachzudenk­en. Deswegen fügt Hofer noch hinzu: „In fünf Jahren werde ich wieder antreten, um Bundespräs­ident zu wer- den.“Ehrlichkei­t und Treue seien der Kitt, der die Freiheitli­chen zusammenha­lten würde.

Ganz ohne Schwenk auf das Ausländert­hema kommt aber auch Hofer nicht aus. „Österreich ist kein Asylland!“, ruft er. „Der Islam ist kein Teil von Österreich.“Und auch hier gibt es am Ende dafür den meisten Applaus.

Bundeskanz­ler Christian Kern in Tracht? »Das ist unauthenti­sch.« Hofers Image wird weiter gepflegt: »Sein Gemüt ist so sonnig wie das Burgenland.«

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APA/FOTOKERSCH­I.AT/Werner Kerschbaum­mayr FPÖ-Chef Strache (li.) mit Oberösterr­eichs Vizelandes­hauptmann Haimbuchne­r.

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