Wenn der Kuckuck Vielflieger wird
Verluste und Pleitegefahr begleiteten die AUA in ihrer 60-jährigen Geschichte. Seit 2013 gibt es Gewinne. Aber saniert ist die AUA nicht, sagt ihr Chef Kay Kratky. Zu groß sind die Herausforderungen.
30. September 1957:
Gründung der „Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs Aktiengesellschaft“
1988:
Börsengang
1997:
Übernahme der Lauda Air
2009:
Kauf durch die Lufthansa
Seit 2013:
Operative Gewinne
Das Geld war bald weg: Am 30. September 1957 wurde die „Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs Aktiengesellschaft“gegründet. Schon im Jahr darauf, neun Monate, nachdem eine Vickers Viscount 779 mit der Flugnummer OS 201 am 31. März zum ersten Linienflug nach London abhob, war mit einem Verlust von 61,5 Millionen Schilling (4,47 Mio. Euro) das Grundkapital aufgebraucht. Der Staat musste immer wieder einspringen, um das Symbol des eigenständig gewordenen Österreich in der Luft zu halten.
Verlust und Pleitegefahr: Diese beiden Begriffe sollten die AUA in ihrer 60-jährigen Geschichte lang begleiten. Allerdings wollten weder die häufig wechselnden Manager noch Politiker jeglicher Couleur dies wahrhaben.
„Die AUA war von ihrer Gründung bis zur Privatisierung 50 Jahre später oft ein Spielball der Politik“, schreibt der ehemalige AUA-Marketing-Chef Peter Baumgartner in seinem Buch zum Geburtstag, in dem er die wechselhafte Geschichte Revue passieren lässt. Und so ging der Gründung der AUA ein Kuriosum voraus, das in einem österreichischen Polit-Spezifikum wurzelt: dem Proporz. Weil sich ÖVP und SPÖ nicht einigen konnten, gab es zuerst eine schwarze „Air Aust- ria’“und eine rote „Austrian Airways“. Erst nachdem die Parteien, die schon damals koalitionär verbunden waren, ein Luftverkehrsabkommen schlossen, war der Weg für die AUA frei. Die Freiheit über den Wolken war zumindest bis in die 90er-Jahre tatsächlich grenzenlos. Flugzeuge wurden angeschafft, neue Strecken eröffnet. Der Staat sprang ja ein, wenn es eng wurde – und das war mehrfach der Fall. Schon 1965 musste der Vorstand den damaligen Finanzminister Wolfgang Schmitz über die drohende Pleite informieren.
Die Angst vor dem finanziellen Absturz war ein dauernder Begleiter – so wie die regelmäßigen Sparprogramme. Sparen, Expandieren, Sparen: Dieser Rhythmus beherrscht die AUA bis heute. Das änderte weder der Börsengang im Jahr 1988, der die AUA „öffentlich“machte, nicht aber den politischen Einfluss minderte. Auch die Übernahme des Tiroler Konkurrenten Tyrolean trug wenig zur Absicherung bei. Und schon gar nicht der Einstieg bei der Lauda Air. Der Machtkampf mit Niki „nationale“Lauda, der im Flugverbot für den dreifachen Formel-1-Weltmeister gipfelte, hielt die ganze Nation in Atem. Die Herren in Oberlaa (dort befand sich die AUA-Zentrale) gewannen zwar die Schlacht, der „Sieg“brachte der AUA aber auch einen immensen Schuldenberg.
Krisengründe: Zukäufe, Fehlplanung, falsche Expansion, Missmanagement
Teure Übernahmen, Fehlplanung und falsche Expansion sowie Missmanagement: Dies alles schwächte die AUA, was sich in der Luftfahrtkrise nach den Terroranschlägen von 9/11 als fatal erwies. Erst recht fehlte der AUA die Kraft, als es galt, der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 zu trotzen. Die Lufthansa sprang ein. Von vielen wurde der Verkauf in letzter Sekunde inklusive einer halben Milliarde Euro Schuldenerlass dennoch als feindliche Übernahme gesehen. Für Sentimentalitäten blieb freilich keine Zeit, denn die Lage wurde immer bedrohlicher. „Es war eine Sekunde vor Zwölf, und der Kuckuck (volkstümlich für die Pfändungsmarke, Anm.) flog schon in der Firmenzentrale herum“, beschreibt AUA-Boss Kay Kratky die prekäre Lage. Beste Kostenstruktur. Den finanziellen Crash vor Augen gelang, was in 55 Jahren nicht möglich war: Die teuren Arbeitsverträge der Piloten wurden inklusive Privilegien gekippt, die Tyrolean in die AUA fusioniert. Das ging nicht ohne Auseinandersetzungen. Aber jetzt reüssiert die AUA im Lufthansa-Konzern mit der günstigsten Kostenstruktur. „Die Mitarbeiter haben viel gegeben, ohne sie wäre der Turnaround nicht möglich gewesen“, sagt Kratky.
Das „kleine österreichische Wirtschaftswunder“, wie Kratky die AUA bezeichnet, sei jetzt wieder „im Steigflug“. Saniert sei die Airline – um den unglücklichen Sager von Ex-Chef Alfred Ötsch zu zitieren – aber nie. Denn die Luftfahrt stehe immer vor großen Herausforderungen. Immerhin: Heuer wird die AUA zum fünften Mal in Folge ein positives Betriebsergebnis schreiben und mit mehr als zwölf Millionen Passagieren einen Rekord erreichen. Happy Birthday, liebe AUA.