Die verbotene Jagd auf Afrikas letzte Tiere in freier Wildbahn
Für die organisierte Kriminalität ist es ein Milliardengeschäft: der illegale Handel mit Elfenbein, Nashorn, Löwenknochen und Co. Zigtausende von Afrikas Wildtieren verenden jedes Jahr in den Händen von Wilderern. Im South-Luangwa-Nationalpark in Sambia v
Der Kampf gegen das Verbrechen beginnt in einem kleinen Ort namens Mfuwe im Osten von Sambia. Lehmhütten und mit Wellblech bedeckte Ziegelhäuser ordnen sich links und rechts einer breiten geteerten Straße an. Fährt man eine Stunde in Richtung Süden durch die Dörfer, gelangt man an den lokalen Flughafen. In Richtung Norden erreicht man in wenigen Minuten den South-Luangwa-Nationalpark. Und ebendort, hinter Mauern und einem großen Eingangstor versteckt, steht George Bell in einem kleinen Raum, zeigt auf eine rostige Drahtschlinge an der Wand und sagt: „Elefantenfalle.“
Der Mann in der kurzen Khakihose und dem sorgfältig getrimmten Vollbart wendet sich nun einem ganzen Arsenal an Tötungswerkzeugen zu, die in dem Zimmer ausgestellt sind. Neben der Elefantenfalle hängen kleinere Drähte, in denen sich Büffel, Antilopen oder Warzenschweine verfangen sollten. Zwei Gewehre kommentiert Bell mit den Worten: „Die haben wir von Wilderern beschlagnahmt.“Er zeigt auf längliche Patronen, die im Regal daneben liegen. „Die Leute erschießen die Tiere, oder sie benutzen Fallen. Ein Tier tritt drauf, die Falle geht zu – und sie verenden qualvoll.“
Wie qualvoll, das zeigen Bilder, die George Bell und seine Kollegen von der Nichtregierungsorganisation Conservation South Luangwa (CSL) bei ihren Einsätzen im Nationalpark gemacht haben. Einem Elefantenbaby hat eine Falle fast das Bein abgetrennt. Einer Löwin hat die Schlinge den Hals aufgeschnitten. „Die Fallen töten wahllos.“ Touristenattraktion. Der South-Luangwa-Nationalpark ist der bekannteste Nationalpark Sambias. Jedes Jahr kommen mehrere Tausend Touristen aus Nordamerika, Europa und Australien, um in diesem mehr als 9000 Quadratmeter großen Schutzgebiet Elefanten und Büffel, Leoparden und Löwen, Zebras, Giraffen und zahlreiche Antilopenarten zu bewundern. Entlang des Luangwa-Flusses, dem der Park seinen Namen verdankt, haben sich zahlreiche Safari-Veranstalter angesiedelt. Einige von ihnen waren es, die vor 15 Jahren Maßnahmen forderten, als immer mehr Tiere in die Fänge von Wilderern gerieten. Zusammen mit der Tierschützerin Rachel McRobb gründeten sie eine kleine Reaktionseinheit. Was als Sechs- Mann-Betrieb begann, ist mit Conservation South Luangwa heute eine Organisation mit rund 80 Mitarbeitern. Mehr als 60 davon sind ausgebildete Rangers aus den Gemeinden rund um den Park, die der unterfinanzierten Nationalpark-Behörde der Regierung bei Patrouillen helfen. Die bewaffneten Sechs-Mann-Einheiten durchstreifen dann die Savannenlandschaft bis tief hinein in das Schutzgebiet und spähen nach Fallen und Wilderern. Bei der Suche nach den Camps der illegalen Jäger hilft inzwischen auch ein Flugzeug aus Illegal erbeutetes Elfenbein wird vernichtet. der Luft. Etwa 80 Wilderer, sagt CSLEinsatzleiter Benson Kanyembo, habe man im vergangenen Jahr auf diese Weise festnehmen können. „Aber das sind alles nur die kleinen Fische.“
Trotz aller Bemühungen hat die Wilderei im Nationalpark zuletzt wieder zugenommen, denn die Nachfrage nach Wildtierprodukten steigt. Auf der Suche nach den Gründen landet man ziemlich schnell bei den Luxusbedürfnissen einer wachsenden Mittelschicht – auch in Sambia selbst. Mit steigendem Einkommen, vor allem in den Städten des Landes, ist es chic geworden, „Buschfleisch“zu essen. „Es ist eine Prestigesache, sagen zu können: Ich kann Buschfleisch besorgen“, sagt Bell. Büffel- oder Antilopenfleisch ließe sich zwar auch legal erstehen. Aber die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Wilderer machen sich dies zunutze. Und in den Fallen der Jäger verenden auch jene Tiere, auf die sie es gar nicht abgesehen hatten. Der Markt in Asien. Viel schwerer noch aber wiegt die Nachfrage aus dem Ausland. Und hier befindet sich Conservation South Luangwa mitten in einem Konflikt, der inzwischen in ganz Afrika ausgetragen wird und Tierschützer weltweit alarmiert hat. Kriminelle Banden machen Jagd auf Wildtiere, um deren Häute, Knochen oder Stoßzähne als Trophäen oder als Wundermedizin für teures Geld nach Amerika, Europa und – vor allem – nach Asien zu verkaufen.
Löwenknochen sind in Asien begehrt, weil man aus ihnen einen Trank herstellen kann, dem Wunderkräfte zugeschrieben werden. Weil die aufstrebende Mittelklasse in Vietnam Nashorn für Krebsmedikamente, gegen Kater und als Potenzmittel entdeckt hat, sind Nashörner in Afrika inzwischen vom Aussterben bedroht. Die Nachfrage Chinas nach Elfenbein, das dort als Statussymbol gilt, bedroht die Existenz der Elefanten. Und weil Staaten wie Tansania, das in fünf Jahren rund 60 Prozent seines Elefantenbestands verloren hat, inzwischen hart gegen die Wilderei vorgehen, weichen die Banden ins südliche Afrika aus. Zum Beispiel nach Sambia. „Vor einigen Jahren haben wir nur sehr wenige Elefanten verloren“, sagt Bell. „Aber wenn es woanders schwierig wird, dann suchen sich diese Kriminellen andere Plätze. Das wirkt sich aus.“
Insgesamt ist die Wilderei in Afrika seit 2007 rasant gestiegen. Georg Scattolin vom WWF Österreich sieht für diese Entwicklung vor allem einen Grund: Das organisierte Verbrechen hat den illegalen Handel mit Elfenbein, Nashorn und Co. ins Programm aufgenommen. Personen, die mit Menschen, Drogen und Waffen handeln, haben Wildtierkriminalität als lukrativen und relativ risikolosen Geschäftszweig entdeckt. Die Produkte versprechen Gewinnspannen wie im Drogengeschäft. Doch selbst für die Jäger aus den Dörfern, die nur einen Bruchteil erhalten, ist die Wilderei ein lohnendes Ge-
Elfenbein gilt in China als ein Statussymbol. Elefanten in Afrika sind deshalb bedroht.