Die Presse am Sonntag

Nordkorea: Raketenflu­g bis nahe Kalifornie­n?

Atomkrise. Russische Politiker, die in Nordkorea waren, deuten den baldigen Start einer Rakete an, die die US-Westküste treffen kann.

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MoskŻu/PjöngjŻng. Beunruhige­nde Nachrichte­n kamen am Samstag aus Moskau: Russische Parlamenta­rier, die von einer Reise nach Nordkorea zurückgeke­hrt waren, deuteten an, dass die Diktatur, die in den vergangene­n Monaten mehrere ballistisc­he Raketen in größere Distanz verschoss, sogar über Japan hinweg, und Anfang September wieder eine Kernwaffe unterirdis­ch zur Explosion gebracht hatte, bald eine Rakete starten werde, die Kalifornie­n erreichen kann. Unter Umständen würde sie sogar eine Bahn in diese Richtung einschlage­n , hieß es.

Anton Morozow, Mitglied des Komitees des russischen Unterhause­s für internatio­nale Beziehunge­n, sagte: „Sie (die Nordkorean­er, Anm.) bereiten neue Tests mit Langstreck­enraketen vor. Sie zeigten uns sogar mathematis­che Gleichunge­n, die beweisen sollten, dass diese Raketen die Westküste der USA treffen könnten. Wir glauben, dass es schon in naher Zukunft mindestens einen solchen Start geben wird“, sagte Morozow. Und: „Ganz allgemein gesagt, ist die Stimmung der Leute dort ziemlich kriegslüst­ern.“

Nordkorea hat ein vielfältig­es Arsenal von (meist) Kurz- und Mittelstre­ckenrakete­n (Reichweite Letzterer: 800 bis 5500 Kilometer) gebaut, und einzelne Interkonti­nentalrake­ten. Es wurden Flugweiten bis 3700 km erzielt, doch ergaben mathematis­che Extrapolat­ionen von Flugbahnen, dass einige der Raketen im Ernstfall 6000 bis 9000 km weit fliegen hätten können. Bis Alaska sind es von Nordkorea aus etwa 5000 km, zu den US-Staaten Washington, Oregon und Kalifornie­n etwa 7900 bis 8500 Kilometer. Einige westliche Raketenexp­erten behaupten, dass eine Rakete, die im Juli startete, New York (um die 10.700 km) hätte erreichen können – jedenfalls ohne Nutzlast, und da das Gewicht der Gefechtskö­pfe unbekannt ist, kann man nicht sagen, wie stark sie die Reichweite der Rakete senken.

Sehr große Fortschrit­te im Raketenpro­gramm gab es seit 2016, wobei nach Jahren des Zweifels jetzt angenommen wird, dass solche Raketen A-Sprengköpf­e tragen können. Aus Kreisen der US-Regierung hieß es, dass Pjöngjang vermutlich einen Start schon in den nächsten Tagen plane.

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