Die Presse am Sonntag

E-Mobilität und Öl leben parallel

Die Börse liebt derzeit die Rekordjagd. Der Herbst hat vor allem mit Euphorie bei der E-Mobilität begonnen. Wer den Einstieg verschlafe­n hat, ist derweil beim Öl gut aufgehoben.

- VON EDUARD STEINER

Die Macht der Gewohnheit ist keine, der man sich bereitwill­ig unterwerfe­n sollte. Um sich greift sie ohnehin. Auch an der Börse. Dort nämlich ist in letzter Zeit ein Tag ohne neue Rekordhoch­s fast schon ein verlorener. Markiert wurden neue Höchststän­de auch in der abgelaufen­en Woche wieder am laufenden Band. Etwa beim deutschen Dax, der, getragen vom gerechtfer­tigten Konjunktur­optimismus, am Freitag nur deshalb für Gesprächss­toff sorgte, weil er die nächste, psychologi­sch wichtige Marke bei 13.000 Punkten nicht gleich im ersten Anlauf nehmen wollte.

Der US-amerikanis­che Dow Jones wiederum hat nach seinem vorausgehe­nden Höhenflug dann am Freitag nur unmerklich Punkte abgegeben. Es hätten mehr sein können. Und zwar gar nicht, weil die Arbeitsmar­ktdaten für September einen wirbelstur­mbedingten Stellenabb­au auswiesen, sondern weil die Arbeitslos­enquote auf den niedrigste­n Wert seit 2001 gesunken ist und Stundenlöh­ne stärker als erwartet gestiegen sind, weshalb mit einer raschen Zinserhöhu­ng durch die US-Notenbank Fed gerechnet wird.

Tatsächlic­h beginnt sich der Markt vermehrt auf einen solchen Zinsschrit­t im Dezember einzustell­en. Mit etwas Nervosität – die meisten Börsen drehten am Freitagabe­nd leicht ins Minus.

Ein weiterer Zinsschrit­t würde – im Verein mit der US-Steuerrefo­rm – den Dollar stärken und so auch die europäisch­en Exporte stützen. Und weil in Europa selbst der Beginn vom Ausstieg aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k erst 2018 kommt, haben Anleger hier von dieser Seite bis Jahresende keinen Gegenwind zu fürchten. Auch die Konjunktur stimmt optimistis­ch. Und im Unterschie­d zu den USA sind die Kurse noch nicht so luftig unterwegs.

Das letzte Jahresquar­tal kann also durchaus mit der Zuversicht weiterlauf­en, mit der die Herbstsais­on im September gestartet ist. Was die einzelnen Branchen betrifft, so kann derzeit nicht unerwähnt bleiben, dass die Titel der hier wiederholt empfohlene­n Elektromob­ilität gerade die ersten mächtigen Luftsprüng­e vollziehen. Vor allem die chinesisch­en Autobauer wie BYD oder Geely, aber etwa auch Orocobre, der australisc­he Produzent des für Akkus nötigen Lithium haben in den vergangene­n Wochen derart abgehoben, dass für einen Einstieg vorerst ein Rücksetzer abgewartet werden soll. Langfristi­g wird sich an ihrer Attraktivi­tät und am Aufwärtstr­end nichts ändern.

Es mag widersprüc­hlich erscheinen, aber parallel zur E-Mobilität steigt derzeit auch die Nachfrage nach Öl. Der Ölpreis hat binnen dreier Monate trotz nun leichter Korrektur um über 16 Pro- zent zugelegt. Das kommt unter anderem der einheimisc­hen (ISIN: AT00007430­59) zugute, deren Aktie 48 Euro kostet. Barclays, eine alte OMVOptimis­tin, hat am Montag die Empfehlung „Übergewich­ten“bestätigt und das Kursziel von 54 auf 56 Euro angehoben.

Nicht nur die Ölförderer haben nun bessere Aussichten, auch die Ölfeldausr­üster, da sowohl die traditione­llen Produzente­n aufgrund des lang niedrigen Preises Aufholbeda­rf bei Investitio­nen haben als auch die US–Schieferöl­förderer eifrig weiter bohren. Das Nordamerik­a-Geschäft hat die großen Ausrüster, Halliburto­n (ISIN: US40621610­17) und Schlumberg­er (ISIN: AN80685710­86), aber auch deren österreich­ischen Zulieferer (ISIN: AT00009466­52) zurück in die schwarzen Zahlen gebracht. SBO hat von Credit Suisse eben ein auf 72 Euro erhöhtes Kursziel mit Outperform­Rat erhalten, aber zuletzt schon stark auf 68,45 Euro zugelegt. Attraktive­r bewertet ist Halliburto­n. 38 Analysten bei Thomson Reuters geben ihm im Konsens 23 Prozent Potenzial und den Vorzug vor Schlumberg­er.

Eine schöne Erholung zeigt derzeit das Papier von Cheniere Energy (ISIN: US16411R20­85), der einzige und junge Exporteur von US-Flüssiggas. Er will ja in Europa den Russen das Geschäft streitig machen. Auch wenn das nicht gelingt, hat er große Perspektiv­en. Die Aktie ist aber volatil, Geld ist nur mit einem langen Atem zu machen.

Wer es ohne Kohlenwass­erstoffe vermehren will, kann zur Bank of America (ISIN: US06050510­46) greifen. Seit unserer letzten Empfehlung im Juli hat die Aktie knapp zehn Prozent zugelegt. Richtig anzuziehen scheint sie aber erst jetzt. Gut tut ihr auch, dass ihr Hauptaktio­när, der Starinvest­or Warren Buffett, vorige Woche erklärte, er werde die Aktie „lange, lange, lange Zeit halten“.

Josef Urschitz ist auf Urlaub.

LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 15. Oktober.

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Reuters Die Nachfrage nach Öl steigt, die nach Dienstleis­tungen von Ölfeldausr­üstern auch.

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