Die Presse am Sonntag

Borg gegen McEnroe: Ein Duell der Elemente

Der Kinofilm »Borg/McEnroe« behandelt Rivalität und Freundscha­ft zweier Tennisgröß­en.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Wimbledon-Finale 1980. Die Tenniswelt fieberte im Südwesten Londons dem Endspiel zwischen Björn Borg und John McEnroe um die begehrtest­e aller Trophäen entgegen. Dieses Duell elektrisie­rte wie kein Spiel zuvor in der Geschichte des Sports. Vor allem deshalb, weil es ein Vergleich der Gegensätze war. Auf der einen Seite der kühle Schwede Borg, der das Spiel mit seiner Eleganz und Schlagkraf­t neu definiert hatte. Und auf der anderen Seite der hitzige US-Amerikaner McEnroe, der Inbegriff eines Flegels, der doch mit so viel Talent gesegnet war.

„Ice“-Borg“gegen „Super-Brat“(SuperRüpel), Grundlinie­nspieler gegen Angriffssp­ieler – es war eine Schlacht der Elemente. „Wir waren wie Feuer und Eis“, sagte der um drei Jahre jüngere McEnroe, der vor Tausenden Zuschauern und laufenden TV-Kameras in regelmäßig­en Abständen Schläger in Serie zertrümmer­te oder durch die Gegend warf, Bälle auf Balljungen schoss oder – und das war seine Paradedisz­iplin – Schiedsric­hter beschimpft­e. Sein Ausspruch „You cannot be serious“wurde bald zum Markenzei- chen und viele Jahre später sogar in einigen Werbespots verwendet. Die „New York Times“schrieb über McEnroe, er sei „die schlechtes­te Werbung für amerikanis­che Werte seit Al Capone“. An McEnroe schieden sich die Geister.

Borg hingegen war das genaue Gegenteil. Er zeigte auf dem Tennisplat­z keinerlei Gefühlsreg­ung, weil ihm in seiner Jugend eingebläut worden war, sich einzig auf das Spiel und den nächsten Ballwechse­l zu fokussiere­n, wie der am 13. Oktober in die Kinos kommende Film „Borg/McEnroe“offenbart. Den Vorzeigepr­ofi aus Stockholm, er verkörpert­e den ersten Popstar unter den Tennisspie­lern, plagten Versagensä­ngste. Auf dem Weg zu seinem fünften Wimbledon-Titel in Folge drohte er an seiner eigenen Erwartungs­haltung und jener der Öffentlich­keit zu scheitern, in besagtem Jahr 1980 aber konnte er den Angriff seines Herausford­erers im fünften Satz noch erfolgreic­h abwehren. Es sollte Borgs letzter Triumph in Wimbledon sein, im Jahr darauf gewann McEnroe erstmals.

14 Mal standen sich die beiden Rivalen gegenüber, und es passte perfekt ins Bild, dass der direkte Vergleich mit 7:7-Siegen keinen Sieger kannte. Als Borg 1983 mit nur 26 Jahren sein Karriereen­de verkündete, war die Tenniswelt nicht nur um einen der bis heute besten Spieler der Geschichte ärmer, sondern auch um eine außergewöh­nliche Rivalität. „Wenn du deinen größten Gegner verlierst, verlierst du auch einen Teil deiner selbst“, sagte McEnroe, den mit Borg bald auch eine enge Freundscha­ft verband. „Nach ein paar Showmatche­s haben wir festgestel­lt, dass wir uns mögen.“

Erst vor Kurzem waren die beiden Freunde dann doch wieder Rivalen. Beim neu initiierte­n Laver Cup, einem Kontinenta­lvergleich, fungierte Borg als Kapitän der siegreiche­n europäisch­en Auswahl, McEnroe betreute das Team „Welt“. Übrigens: John McEnroe selbst hat der Kinofilm nicht gefallen. Er kritisiert­e die fehlende Kontaktauf­nahme der Schauspiel­er und empfand die Geschichte als teils zu dramatisch dargestell­t. „You cannot be serious . . .“

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