Ein Western in Frankreich
Antonin Varenne erzählt in seinem Krimi »Die Treibjagd« nüchtern eine aus der Zeit gefallene Geschichte mit einem einsamen Helden – und viel, viel Wald. Die eigentliche Hauptrolle in Antonin Varennes Kriminalroman „Die Treibjagd“spielt der Schauplatz: R., ein Ort im Zentralmassiv. Seit Generationen kämpfen dort zwei einflussreiche Familien um die Herrschaft. Über die Jahre haben sie alle kleinen Bauernhöfe aufgekauft, die Gegend mehr oder weniger zweigeteilt. Bloß Revierjäger Remi´ Parrot, der seit einem Unfall entstellt ist, lässt sich von keiner Seite vereinnahmen. Er ist der einsame Held, wie man ihn aus amerikanischen Western kennt – mit ganz eigenem Moralkodex. Einfach ist für Parrot nichts in seinem Leben, fühlt er sich zudem auch zu Mich`ele Messenet, der Angehörigen eines der beiden Clans, hingezogen.
Als Förster Philippe plötzlich verschwindet und eine aufwendige Suchaktion beginnt, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Remi´ begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Statt Indianern ziehen Sinti, die im Ort ebenso angefeindet werden wie Umweltschützer, durch die Landschaft. Das Buch erinnert unweigerlich an den außergewöhnlichen US-Krimiautor James Lee Burke, der wie kaum ein anderer Natur und Wildnis stets viel Raum in seinen Geschichten einräumt. Gleichzeitig seziert Varenne erbarmungslos die Strukturen kleinstädtischen Lebens, ohne dieses zu verdammen. Mit viel Feingefühl für seine Figuren und einem scharfen Blick für Details liefert er nicht weniger als einen der besten Kriminalromane der Saison. Antonin Varenne: „Die Treibjagd“, übersetzt von Susanne Röckel, Penguin-Verlag, 302 Seiten, 10,30 Euro.