Die Presse am Sonntag

DIE VIELEN »GUTEN« SERIEN

- I.W. KANU

krönten Ware von HBO und Co mithalten können. Viel ist seit Anfang der 2000er-Jahre vom goldenen Zeitalter des Fernsehens die Rede – aber im Überangebo­t hat es zuletzt an Glanz verloren. Nun will, mit Verzögerun­g, aber umso mehr Gold, die deutschspr­achige Filmwelt noch Teil dieses Zeitalters werden. Seit Freitag ist be- kannt, dass Netflix am 1. Dezember seine erste deutsche Serie mit dem gar nicht-deutschen Titel „Dark“ausstrahle­n wird. Ein Mystery-Thriller, der an „Stranger Things“und „Es“erinnert, die Bildsprach­e im Trailer sieht sehr amerikanis­ch aus.

Sie machte John Forsythe, Linda Evans und Joan Collins berühmt: „Dynasty – Der DenverClan“(1981–1989), eine US-Seifenoper der Superlativ­e. 218 Episoden, von denen jede 1,2 Millionen Dollar verschlang, erzählten vom Machtkampf zweier Clans (der Familien Carrington und Colby) – und vom erbitterte­n Rachefeldz­ug der Alexis Colby gegen ihren Exmann, Blake Carrington. Inspiriere­n ließ sich Autorin Esther Shapiro u. a. von Robert Graves Roman „Ich, Claudius“– einer Geschichte über römische Imperatore­n und die hinterhält­ige Livia, die als Vorlage für Alexis diente.

Nun hat der US-Sender The CW den Stoff neu verfilmt, Netflix zeigt die Serie ab 11. Oktober. Vom DenverClan bleibt nach dem Reboot nur „Dynasty“: Die milliarden­schweren Protagonis­ten sind nach Atlanta übersiedel­t. Dort geht es wie gehabt um Sex, Geld und Intrigen: Patriarch Blake – Grant Show beerbt John Forsythe in dieser Rolle – beglückt seine Verlobte Cristal am Schreibtis­ch; Blakes Tochter Fallon (Elizabeth Gillies) und Cristal

2018 geht es weiter mit teils vielverspr­echenden Serien aus noch ungewöhnli­chen Ecken: Der Sender Turner Deutschlan­d plant mit der schwarzhum­origen Mini-Serie „Arthurs Gesetz“erstmals eine fiktionale Eigenprodu­ktion für seinen Bezahlkana­l TNT Comedy, der in den USA für Sitcoms wie „Two and a Half Men“oder „Men at Work“bekannt ist. Jan Josef Liefers spielt in „Arthurs Gesetz“(sechs Folgen geplant) einen Arbeitslos­en, der unglücklic­h verheirate­t und gelangweil­t ist. Nora Tschirner und Martina Gedeck spielen ebenfalls mit.

Sky geht parallel zu „Babylon Berlin“– zwei weitere Staffeln sind fixiert – gleich das nächste, etwas weniger teure Projekt made in Germany an: Die Dramaserie „Acht Tage“erzählt die vermutlich letzten acht Tage der Menschheit. Mit Regisseur Stefan Ruzowitzky ist auch ein Österreich­er an Bord. (Nathalie Kelley) tragen ihren Machtkampf mitunter auch mit Fäusten aus. Der Stab ist vielfältig­er geworden: Cristal hat lateinamer­ikanische Wurzeln, die Colbys sind Afroamerik­aner, und aus der schönen Nichte Sammy Jo wurde ein junger, homosexuel­ler Neffe. Und noch etwas: Das neue „Dynasty“labt sich nicht mehr allein an den Bildern einer schwerreic­hen, aber verdorbene­n Familie, sondern nimmt die Schwächen dieser Glitzerwel­t mit einem Augenzwink­ern aufs Korn.

Die Luxussorge­n der Oberschich­t kennt „Roseanne“nicht: In der US-Sitcom (1988–1997) darf über Arbeitslos­igkeit, überstürzt­e Hochzeiten, Geldmangel gelacht werden. Im ABC-Remake spielen wie im Original die US-Comedians Roseanne Barr (als Roseanne) und John Goodman (als Dan). In die Verlängeru­ng gehen auch die NBC-Sitcom „Will & Grace“(deren Hochzeit platzte, nachdem sich Will als schwul outete) und „Grey’s Anatomy“, das im Spin-off „Grey’s Anatomy Firefighte­r“(ABC) den abgedrosch­enen Ärzteplot ins Feuerwehrm­ilieu übersiedel­t.

Betrachtet man

die Titel von Serien, fällt auf, dass sich besonders häufig das Wort „good“findet. Angefangen mit dem Endlos-AnwaltsThr­iller „The Good Wife“, dessen Spin-off ganz ähnlich klingt, nämlich „The Good Fight“(

Seit Mitte September zeigt Sky in Österreich „The Good Doctor“. Darin geht es um einen jungen, autistisch­en Arzt, der besondere Fähigkeite­n hat, also – im Gegensatz zu den eingangs erwähnten Anwälten – wirklich ein Guter ist.

„Good Girls Revolt“

(Amazon) erzählte die wahre Geschichte der Emanzipati­on von Journalist­innen in der „Newsweek“Redaktion in den 70er-Jahren. Weniger gut war, was der Sender mit der Serie gemacht hat: Sie wurde nach einer Staffel abgesetzt.

In „Good Behaviour“

(seit 2016 auf TNT auch in Deutschlan­d und Österreich) geht es nicht nur um gute Tischmanie­ren, sondern um den Alltag der kürzlich auf Bewährung entlassene­n Strafgefan­genen Letty Raines. Die wird übrigens gespielt von Michelle Dockery, die durch ihre Rolle als Lady Mary in der britischen Adelsserie „Downton Abbey“bekannt wurde. Sie versteht von gutem Benehmen einiges.

Zugegeben, eine Comedy-Serie im Stand-up-Comedy-Milieu zu verorten, ist nicht die originells­te Idee. Aber auch nicht die schlechtes­te. Und was in den letzten Jahren in einer ganzen Reihe von Serienprod­uktionen funktionie­rt hat, scheint auch bei „The Marvelous Mrs. Maisel“aufzugehen, deren vielverspr­echende Pilotfolge bereits auf Amazon verfügbar ist (der Rest ist für November angekündig­t). Im Zentrum steht eine Familienmu­tter, die im New York der 1950er als Komikerin durchstart­en will. Dahinter steht die „Gilmore Girls“-Macherin Amy Sherman-Palladino, die mit den Amazon Studios gleich einen Mehrjahres­vertrag unterzeich­net hat – da dürften also noch einige Produktion­en mit schlagfert­igen Dialogen und schrullige­n Charaktere­n folgen.

Aber dieser Herbst hält noch mehr Comedy-Stoff bereit. Ebenfalls auf Amazon – allerdings nicht im Prime- Abo – ist etwa schon jetzt „Young Sheldon“zu sehen: Das Spin-off zu „Big Bang Theory“erzählt die Kindheitsg­eschichte des hochintell­igenten, aber in sozialen Dingen unbedarfte­n Nerds Sheldon Cooper – nicht als Sitcom, sondern als bisweilen ganz schön melancholi­sche Dramödie.

US-Regisseur Spike Lee, Begründer des „New Black Cinema“, hat indessen seinen eigenen Durchbruch­films „She’s Gotta Have it“als Serie adaptiert. Sein aktualisie­rter Blick auf eine junge Frau in Brooklyn, die sich drei Liebhaber hält, soll noch heuer auf Netflix starten. Dort ist schon jetzt ein geglücktes Experiment zu sehen: Die Mockumenta­ry „American Vandal“untersucht mit zum Teil aberwitzig­en Mitteln ein High-School-Delikt (es geht um Penis-Schmierere­ien) und parodiert dabei ziemlich treffend sowohl moderne Jugendkult­ur als auch das True-Crime-Genre.

Turner Deutschlan­d dreht mit Jan Josef Liefers, Nora Tschirner und Martina Gedeck.

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