Erlesene Auswahl, Kunst von Bestand
Alte Meister haben immer Saison. Manche kann man diesbezüglich sogar beim Wort nehmen: Jede Saison ist im Jahreszeitenzyklus von Giovanni Paolo Castelli, genannt Lo Spadino, angelegt. In der Art der berühmten, bizarren Obst- und Gemüsefigurenbilder Archimboldos werden die vier Jahreszeiten als Personen dargestellt. Und zwar nicht ruhigporträthaft, sondern in Aktion: So verspeist etwa der Herbst in genießerischen Verrenkungen eine Traube. Extrem modern wirkt diese präsurrealistische Serie, ein Höhepunkt der Dorotheum-Altmeister-Auktion am 17. Oktober.
Maler als Muse
Eines der bemerkenswertesten Gemälde dieser vom 17. bis 19. Oktober anberaumten Auktionswoche ist zweifellos ein Bildnis des Florentiner Malers Felice Ficherelli, weil es als Vorlage für einen Malerstar der Kunstgeschichte diente. Es zeigt die Heilige Praxedis, eine junge römische Patrizierin, die den ersten christlichen Märtyrern beistand. Im Vordergrund kniend, wringt sie das Blut des hinter ihr dargestellten Märtyrers aus ihrem Schwamm. Dieses Motiv soll niemand Geringeren als den Malergiganten Jan Vermeer so tief beeindruckt haben, dass er es kopierte und seinem Vorbild auch in der Signatur, im Nennen von Ficherellis Spitznamen „il Riposo“, seine Reverenz erwies.
Faszination Kunst
In den Norden führt das Sebastian Vrancx zugeschriebene Gemälde „Winterlandschaft mit Karnevalsszene vor der Kipdorppoort-Bastei in Antwerpen“. Die unglaubliche Wiedergabe der Stofflichkeit der einzelnen Objekte fasziniert beim Stillleben mit Früchten von Laurens Craen. In die Geschichte der Habsburger führen zwei aus einer belgischen Privatsammlung stammende Porträts aus Peter Paul Rubens’ Werkstatt. Erzherzog Albrecht und Isabella Clara Eugenia von Österreich zeigen repräsentativ das Herrscherpaar der spanischen Niederlande.
Unter den Gemälden Alter Meister finden sich auch klingende Namen wie Jan van Goyen, Jusepe de Ribera, Simon Vouet, Guido Cagnacci oder Giuseppe Bernardino Bison.
Auf der Reise
Am 19. Oktober stehen Gemälde des 19. Jahrhunderts auf dem Programm. Meister der österreichischen, deutschen und italienischen Kunstgeschichte dominieren das Angebot, unter anderen Franz Xaver Petter, Oswald Achenbach oder Rinaldo Giudici. Buchstäblich herausragend und ein frühes Beispiel aus der Zeit des aufkommenden Alpinismus ist die Darstellung des Großglockner-Gipfels von Markus Pernhart. Alpenromantik pur bei Friedrich Gauermann und seiner „Sennerin mit Mädchen und zwei Kühen am Grand“. Nach Italien entführt Jakob Alt mit einer sonnendurchfluteten Version der venezianischen Riva degli Schiavoni mit Fernblick auf die Kirche Santa Maria della Salute.
Beeindruckende Farbpalette
Insgesamt drei Arbeiten eines der bedeutendsten rumänischen Künstler, Nicolae Jon Grigore- scu, werden ebenfalls auktioniert. Seine Figurendarstellungen zeichnen sich, wie das Ölbild „Die Spinnerin“verdeutlicht, durch gelängte Umrisse und auffallend einstudierte Posen aus. Für seine Alltagsszenen der Menschen, Tierherden und Landschaften seiner Heimat bediente sich der in Paris geschulte, später unter dem Einfluss der Malerschule von Barbizon in Fontainebleau stehende Künstler einer bemerkenswerten, von starkem Licht erfüllten Farbpalette.
Eines der Highlights der Auktion, ein Meisterwerk im Geiste der Belle Époque, kommt von Vittorio Matteo Corcos, einem der besten Salonmaler: sein in Florenz 1903 entstandenes Porträt von Diane de la Bouchère, einer Dame der italienischen Oberschicht, in lila Pastell, mit Hermelin und Nerz.
Wertvolle Antiquitäten
Bei der Antiquitäten- und Möbelauktion am 18. Oktober überzeugen beispielsweise ein Paar 90 Zentimeter hohe Meißen-Palastvasen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder ein sehr seltener Kothgasser-Pokal aus Glas. Bei den Skulpturen steht eine Jerome Duquesnoy d. J. zugeschriebene, um das Jahr 1650 entstandene Maria Immaculata aus Marmor im Mittelpunkt. Möbel und Gemälde verbindet der Wiener Empire-Kombinationstisch, ein sogenannter „Bonheure-du-jour“mit dem Bildnis der kaiserlichen Familie um Kaiser Franz I., signiert und datiert mit „Bernhard Guerhard, 1808“.
Zahlreiche hochkarätige Stücke des Mailänder Traditionsunternehmens Buccellati, allesamt aus europäischem Adelsbesitz, finden sich im Angebot der Juwelen-Auktion am 19. Oktober. Diamanten und Farbsteine in zarten Fassungen, die an Tüll oder feinen Damast erinnern, sind das Erkennungszeichnen des italienischen Nobeljuweliers.
Aus der Zeit um 1920 bis 1930 stammt eine variable Garnitur mit 14,70-Carat-Diamanten, bestehend aus Ohrringen und Ring. Beachtenswert ist auch ein mit 17-Carat-Diamanten besetztes Armband aus dieser Zeit.