Die Presse am Sonntag

»Österreich­er sind sehr skeptisch«

Trainer Oliver Glasner möchte mit dem Lask mittelfris­tig zum Salzburg-Jäger werden. Beim ÖFB-Team sieht der 43-Jährige Anspruch und Wirklichke­it sehr weit auseinande­rklaffen.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Aufsteiger Lask bewegt sich nach elf Runden vorerst im gesicherte­n Mittelfeld. Wo sehen Sie Ihre Mannschaft am Ende der Aufstiegss­aison? Oliver Glasner: Wir wollen sorgenfrei durch die Saison kommen, haben in den bisherigen Spielen gesehen, dass wir konkurrenz­fähig sind, oft nur Kleinigkei­ten entscheide­n. Wir sind angekommen in der Bundesliga. Und mittelfris­tig? Wollen wir uns etablieren, Salzburg gemeinsam mit Rapid, Austria und Sturm das Leben schwer machen. Nach der Aufstockun­g der Bundesliga muss es unser Ziel sein, im oberen Drittel mitzuspiel­en. Dazu wird es aber auch notwendig sein, das Budget zu erhöhen, unser Vermarktun­gspotenzia­l auszuschöp­fen. Nicht zuletzt deshalb braucht es ein neues Stadion. Wir müssen in eine stärkere wirtschaft­liche Position kommen. Wir wollten im Sommer Paulo Otavio´ halten, waren im direkten Vergleich mit einem Zweitligis­ten aus Deutschlan­d aber chancenlos. Da brauchen wir derzeit wirtschaft­lich nicht einmal dran denken. Hat der Klub auch die notwendige Geduld? Lask ist in Österreich ein großer Name, hat Tradition, aber man darf eines nicht vergessen: Der Klub war vor vier Jahren ein konkursrei­fer Regionalig­ist, vergleichb­ar mit der Vienna in der Vorsaison. In den vergangene­n vier Jahren hat der Verein eine sehr rasante Entwicklun­g genommen. Vielleicht muss man jetzt einmal ein, zwei Jahre auf dem momentanen Niveau durschnauf­en, weil es so rasant eigentlich nicht weitergehe­n kann. Uns ist es wichtig, nachhaltig vorn anzudocken. Gibt es eigentlich einen Trainer, der Ihnen imponiert? Oliver Glasner muss und wird immer Oliver Glasner bleiben, ich kann nicht Klopp oder Ancelotti sein. Aber ich verfolge natürlich, was auf dem internatio­nalen Sektor passiert, welche Trainer wie arbeiten. Entscheide­nd ist, ob es ein Trainer versteht, seiner Mann- schaft die eigene Idee von Fußball zu vermitteln. Insofern imponieren mir die Österreich­er Hasenhüttl, Hütter, Stöger oder internatio­nale Trainer wie Klopp oder Guardiola. Für einen Trainer gibt es keine größere Auszeichnu­ng als das Erkennen der Spielphilo­sophie. Sie waren in Salzburg Kotrainer von Roger Schmidt, pflegen einen guten Kontakt zu ihm. Was gibt es denn aus Peking und China zu berichten? Es ist nicht so, dass wir wöchentlic­h in Kontakt wären, aber hin und wieder tauschen wir uns schon noch aus. Roger geht es gut in Peking, das ist eine Riesenerfa­hrung für ihn. Sportlich hatte der Klub einen fulminante­n Start, mittlerwei­le läuft es nicht mehr ganz so gut. Aber er genießt diese Zeit. Wie haben Sie die vergangene­n Wochen das Schauspiel rund um den ÖFB wahrgenomm­en? Ich finde es schade, dass es derart viele Wortmeldun­gen gab, die eigentlich nicht hätten sein müssen. Und ich finde es schade, dass man die Gründe immer zu kennen glaubt, wenn es einmal nicht läuft, aber man es umgekehrt nie weiß, warum es läuft. Haben Sie die Notwendigk­eit gesehen, den Teamchef auszutausc­hen? Ich bin zu weit weg von der Nationalma­nnschaft, um zu wissen, was intern abläuft. Das ÖFB-Team ist an sich aber ein heikles Thema. Zuletzt habe ich eine Diskussion verfolgt, in der die Frage gestellt wurde, ob ein Teamchef nicht eine Spielphilo­sophie entwickeln müsse. Mir soll einmal einer erklären, wann er das machen könnte. Wenn der Teamchef seine Spieler für ein Länderspie­ldoppel zehn Tage beisammen hat, dann bleiben ihm unterm Strich zwei, vielleicht drei Einheiten, bei welchen richtig trainiert werden kann. Denjenigen, der in dieser kurzen Zeit eine eigene Spielphilo­sophie entwickeln kann, müssen Sie mir einmal zeigen. Ist die den neuen Sportdirek­tor Peter Schöttel begleitend­e Skepsis nachvollzi­ehbar?

Oliver Glasner

wurde am 28. August 1974 in Salzburg geboren. Als Aktiver spielte Glasner nur für zwei Vereine, SV Ried und Lask. 2011 beendete er seine Karriere. Danach wechselte Glasner die Seite. Bei Red Bull Salzburg übernahm er zunächst den Posten des sportliche­n Koordinato­rs in der Geschäftsl­eitung, später wurde er unter Roger Schmidt zum Ko-Trainer bestellt. Zur Saison 2014/15 avancierte Glasner zum Trainer der SV Ried, nach einer Saison wechselte er zum Lask. Mit den Linzern gelang ihm in der vergangene­n Saison der Aufstieg in die Bundesliga. Glasners Vertrag beim Lask läuft bis 2019. Du hast als Trainer, Sportdirek­tor und Mannschaft immer nur dann Ruhe, wenn du erfolgreic­h bist. Man sollte unvoreinge­nommen an die Sache herangehen. Egal, welcher Teamchef mit Peter Schöttel letztlich in der Verantwort­ung steht, die neuen Kräfte haben eine Chance verdient. Wir sind in Österreich sehr skeptisch, auch, was Verhaberun­g anbelangt, sind abseits des Fußballs über Jahrzehnte gebrandmar­kt. Es war lange Zeit auf allen Ebenen so, dass du keinen Job bekommen hast, wenn du kein Parteibuch hattest. Ich glaube, dass sich in der jüngeren Vergangenh­eit vieles zum Guten gewendet hat. Aber wir sind immer noch nicht dort, wo wir hinwollen. Schöttel präferiert einen Österreich­er als Teamchef. Ist das der richtige Zugang? Wäre nicht erneut ein Schweizer oder Deutscher besser? Ich finde es prinzipiel­l gut, sich zunächst im eigenen Stall umzuschaue­n. Viel wichtiger als die Nationalit­ät ist aber das Anforderun­gsprofil. Sollte das in Österreich niemand erfüllen, dann muss man eben im Ausland suchen. Wäre Andreas Herzog eine gute Wahl? Ich kann ihn als Trainer nicht einordnen, schätze ihn aber als Mensch sehr. Ich vertraue Schöttel und den Gremien, dass der nächste Teamchef nach bestem Wissen und Gewissen und nicht nach Verhaberun­g ausgewählt wird. Muss Österreich den Anspruch stellen, sich für jedes Großereign­is zu qualifizie­ren? Unser Anspruchsd­enken ist zu hoch. Das wir diese WM-Qualifikat­ion nicht geschafft haben, ist ja nichts Außergewöh­nliches. Wir waren schließlic­h auch die letzten 40 Jahre nicht immer Stammgast bei Großereign­issen, eine Qualifikat­ion war immer die Ausnahme. Vor 15 Jahren wollte Österreich so sein wie die Niederland­e, weil sie immer dabei waren. Jetzt schauen wir auf Island, weil es nach der EM auch bei der WM dabei ist. Wir schauen also oft auf derzeit erfolgreic­he Mannschaft­en, aber viel zu wenig auf uns.

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