»Österreicher sind sehr skeptisch«
Trainer Oliver Glasner möchte mit dem Lask mittelfristig zum Salzburg-Jäger werden. Beim ÖFB-Team sieht der 43-Jährige Anspruch und Wirklichkeit sehr weit auseinanderklaffen.
Aufsteiger Lask bewegt sich nach elf Runden vorerst im gesicherten Mittelfeld. Wo sehen Sie Ihre Mannschaft am Ende der Aufstiegssaison? Oliver Glasner: Wir wollen sorgenfrei durch die Saison kommen, haben in den bisherigen Spielen gesehen, dass wir konkurrenzfähig sind, oft nur Kleinigkeiten entscheiden. Wir sind angekommen in der Bundesliga. Und mittelfristig? Wollen wir uns etablieren, Salzburg gemeinsam mit Rapid, Austria und Sturm das Leben schwer machen. Nach der Aufstockung der Bundesliga muss es unser Ziel sein, im oberen Drittel mitzuspielen. Dazu wird es aber auch notwendig sein, das Budget zu erhöhen, unser Vermarktungspotenzial auszuschöpfen. Nicht zuletzt deshalb braucht es ein neues Stadion. Wir müssen in eine stärkere wirtschaftliche Position kommen. Wir wollten im Sommer Paulo Otavio´ halten, waren im direkten Vergleich mit einem Zweitligisten aus Deutschland aber chancenlos. Da brauchen wir derzeit wirtschaftlich nicht einmal dran denken. Hat der Klub auch die notwendige Geduld? Lask ist in Österreich ein großer Name, hat Tradition, aber man darf eines nicht vergessen: Der Klub war vor vier Jahren ein konkursreifer Regionaligist, vergleichbar mit der Vienna in der Vorsaison. In den vergangenen vier Jahren hat der Verein eine sehr rasante Entwicklung genommen. Vielleicht muss man jetzt einmal ein, zwei Jahre auf dem momentanen Niveau durschnaufen, weil es so rasant eigentlich nicht weitergehen kann. Uns ist es wichtig, nachhaltig vorn anzudocken. Gibt es eigentlich einen Trainer, der Ihnen imponiert? Oliver Glasner muss und wird immer Oliver Glasner bleiben, ich kann nicht Klopp oder Ancelotti sein. Aber ich verfolge natürlich, was auf dem internationalen Sektor passiert, welche Trainer wie arbeiten. Entscheidend ist, ob es ein Trainer versteht, seiner Mann- schaft die eigene Idee von Fußball zu vermitteln. Insofern imponieren mir die Österreicher Hasenhüttl, Hütter, Stöger oder internationale Trainer wie Klopp oder Guardiola. Für einen Trainer gibt es keine größere Auszeichnung als das Erkennen der Spielphilosophie. Sie waren in Salzburg Kotrainer von Roger Schmidt, pflegen einen guten Kontakt zu ihm. Was gibt es denn aus Peking und China zu berichten? Es ist nicht so, dass wir wöchentlich in Kontakt wären, aber hin und wieder tauschen wir uns schon noch aus. Roger geht es gut in Peking, das ist eine Riesenerfahrung für ihn. Sportlich hatte der Klub einen fulminanten Start, mittlerweile läuft es nicht mehr ganz so gut. Aber er genießt diese Zeit. Wie haben Sie die vergangenen Wochen das Schauspiel rund um den ÖFB wahrgenommen? Ich finde es schade, dass es derart viele Wortmeldungen gab, die eigentlich nicht hätten sein müssen. Und ich finde es schade, dass man die Gründe immer zu kennen glaubt, wenn es einmal nicht läuft, aber man es umgekehrt nie weiß, warum es läuft. Haben Sie die Notwendigkeit gesehen, den Teamchef auszutauschen? Ich bin zu weit weg von der Nationalmannschaft, um zu wissen, was intern abläuft. Das ÖFB-Team ist an sich aber ein heikles Thema. Zuletzt habe ich eine Diskussion verfolgt, in der die Frage gestellt wurde, ob ein Teamchef nicht eine Spielphilosophie entwickeln müsse. Mir soll einmal einer erklären, wann er das machen könnte. Wenn der Teamchef seine Spieler für ein Länderspieldoppel zehn Tage beisammen hat, dann bleiben ihm unterm Strich zwei, vielleicht drei Einheiten, bei welchen richtig trainiert werden kann. Denjenigen, der in dieser kurzen Zeit eine eigene Spielphilosophie entwickeln kann, müssen Sie mir einmal zeigen. Ist die den neuen Sportdirektor Peter Schöttel begleitende Skepsis nachvollziehbar?
Oliver Glasner
wurde am 28. August 1974 in Salzburg geboren. Als Aktiver spielte Glasner nur für zwei Vereine, SV Ried und Lask. 2011 beendete er seine Karriere. Danach wechselte Glasner die Seite. Bei Red Bull Salzburg übernahm er zunächst den Posten des sportlichen Koordinators in der Geschäftsleitung, später wurde er unter Roger Schmidt zum Ko-Trainer bestellt. Zur Saison 2014/15 avancierte Glasner zum Trainer der SV Ried, nach einer Saison wechselte er zum Lask. Mit den Linzern gelang ihm in der vergangenen Saison der Aufstieg in die Bundesliga. Glasners Vertrag beim Lask läuft bis 2019. Du hast als Trainer, Sportdirektor und Mannschaft immer nur dann Ruhe, wenn du erfolgreich bist. Man sollte unvoreingenommen an die Sache herangehen. Egal, welcher Teamchef mit Peter Schöttel letztlich in der Verantwortung steht, die neuen Kräfte haben eine Chance verdient. Wir sind in Österreich sehr skeptisch, auch, was Verhaberung anbelangt, sind abseits des Fußballs über Jahrzehnte gebrandmarkt. Es war lange Zeit auf allen Ebenen so, dass du keinen Job bekommen hast, wenn du kein Parteibuch hattest. Ich glaube, dass sich in der jüngeren Vergangenheit vieles zum Guten gewendet hat. Aber wir sind immer noch nicht dort, wo wir hinwollen. Schöttel präferiert einen Österreicher als Teamchef. Ist das der richtige Zugang? Wäre nicht erneut ein Schweizer oder Deutscher besser? Ich finde es prinzipiell gut, sich zunächst im eigenen Stall umzuschauen. Viel wichtiger als die Nationalität ist aber das Anforderungsprofil. Sollte das in Österreich niemand erfüllen, dann muss man eben im Ausland suchen. Wäre Andreas Herzog eine gute Wahl? Ich kann ihn als Trainer nicht einordnen, schätze ihn aber als Mensch sehr. Ich vertraue Schöttel und den Gremien, dass der nächste Teamchef nach bestem Wissen und Gewissen und nicht nach Verhaberung ausgewählt wird. Muss Österreich den Anspruch stellen, sich für jedes Großereignis zu qualifizieren? Unser Anspruchsdenken ist zu hoch. Das wir diese WM-Qualifikation nicht geschafft haben, ist ja nichts Außergewöhnliches. Wir waren schließlich auch die letzten 40 Jahre nicht immer Stammgast bei Großereignissen, eine Qualifikation war immer die Ausnahme. Vor 15 Jahren wollte Österreich so sein wie die Niederlande, weil sie immer dabei waren. Jetzt schauen wir auf Island, weil es nach der EM auch bei der WM dabei ist. Wir schauen also oft auf derzeit erfolgreiche Mannschaften, aber viel zu wenig auf uns.