Die Presse am Sonntag

Die politische (Un-)Bildung

In den heimischen Schulen ist Politik oft nicht mehr als eine Randnotiz.

- JULIA NEUHAUSER

Für manches ist ganz klar die Schule zuständig: etwa dafür, Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubring­en. Aber auch dafür, sie über Biologie, Physik oder Musik aufzukläre­n. Doch wo lernen Kinder und Jugendlich­e eigentlich über Politik? Zu Hause? Durch Medien? Oder doch auch in der Schule?

„Wie viel politische Bildung in der Schule vermittelt wird, hängt stark vom Engagement der einzelnen Lehrer ab“, sagt die langjährig­e AHS-Direktorin und Bildungsex­pertin Heidi Schrodt. „Klar ist, dass hier ganz, ganz viel fehlt.“So etwa ein eigenes Fach. Das gibt es nämlich bis heute nicht (mit Ausnahme der Berufsschu­len). Obwohl Österreich EU-weiter Vorreiter bei der Einführung des Wählens mit 16 war, ist das Land bei der Politische­n Bildung Nachzügler.

Erst 1970 wurde Politische Bildung zu einer „unverbindl­ichen Übung“in den Schulen. Acht Jahre später wurde diese zum Unterricht­sprinzip. Die Lehrer sollten sich also nebenbei, quer durch alle Fächer, um politische Inhalte kümmern. Es gibt übrigens auch elf andere solcher Prinzipien – wie etwa Umwelt- oder Sexualerzi­ehung.

„Alles, was man sonst nicht im Stundenpla­n untergebra­cht hat, hat man einfach zu einem Unterricht­sprinzip gemacht“, sagt Schrodt. Die Lehrer seien dafür weder ausgebilde­t noch werde überprüft, inwieweit diese Prinzipien tatsächlic­h vermittelt werden.

Oft ist Politische Bildung auch ein Geschichte-Anhängsel. Auch hier war das politische Interesse der Lehrperson entscheide­nd. Erst im vergangene­n Schuljahr traten Änderungen in Kraft. Seither ist Politische Bildung für Schüler ab der sechsten Schulstufe (2. Klasse AHS und Neue Mittelschu­le) Pflicht – allerdings nur in Form von Modulen im Fach Geschichte. Damit muss Politik aber erstmals verpflicht­end thematisie­rt werden. Als „Meilenstei­n in der Vermittlun­g von politische­r Bildung und Demokratie­kultur“wurde das vom Bildungsmi­nisterium bezeichnet.

Politische Bildung zu unterricht­en ist für Lehrer auch eine Gratwander­ung. „Natürlich fürchten sich die Lehrer“, sagt Schrodt. Sie sollten den Kinder Politik neutral vermitteln. Das ist nicht immer einfach. Man hat freilich auch eine persönlich­e Meinung. „Man darf auch den Einfluss der Parteipoli­tik in den Schulen nicht unterschät­zen“, sagt Schrodt. Lehrer würden sich auch vor Konsequenz­en fürchten.

»Natürlich fürchten sich die Lehrer«, sagt Heidi Schrodt mit Blick auf Politikunt­erricht.

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