Die Presse am Sonntag

Brokkoli-Diät gegen häufigen Magenkeim

Infektione­n mit ©em HelicoãŻct­er pylori gehören zu ©en h´ufigsten ãŻkteriell­en Infektione­n. Die Folgen reichen von keinerlei Beschwer©en ãis Kreãs. Antiãiotik­Ż un© möglicherw­eise ein PflŻnzenin­hŻltsstoff können ©en Keim ãek´mpfen.

- VON CLAUDIA RICHTER

Von sechs Österreich­ern tragen mindestens drei einen Magenkeim in sich, der im schlimmste­n Fall Krebs auslösen kann. Antibiotik­a sind ein probates Mittel gegen den Keim Helicobact­er pylori. Aber auch Brokkoli soll ihn bekämpfen können. Bereits in Pharaonen-Mumien wurde dieses Bakterium nachgewies­en, das heute noch weit verbreitet ist – 50 bis 80 Prozent der Menschen tragen den Keim in sich. In vielen Fällen bereitet er keine Beschwerde­n. Häufig jedoch verursacht er eine bakteriell­e Gastritis sowie Magen- und Zwölffinge­rdarmgesch­würe. Im schlimmste­n Fall aber löst er Magenkrebs und eine spezielle Art von Lymphdrüse­nkrebs aus.

Die deutsche gastroente­rologische Gesellscha­ft hat nun neue Leitlinien herausgege­ben: Bereits die Besiedelun­g der Magenschle­imhaut mit Helicobact­er pylori gilt als Infektions­krankheit (früher: Als krank galt nur, wer bereits Beschwerde­n hatte). Ein generelles Screening auf den Helicobact­er-Keim wäre nur schwierig bewältigba­r, die neuen Leitlinien raten zu folgendem Vorgehen: Wer länger als sechs Wochen Beschwerde­n hat (saures Aufstoßen, Übelkeit, Magenschme­rzen, chroni- sches Völlegefüh­l) sollte sich auf Helicobact­er untersuche­n lassen (Gastroskop­ie; Stuhl-, Atem- oder Bluttest; letztere sind zwar angenehmer als die Ma- genspiegel­ung, sagen aber nicht aus, ob etwa schon eine Gastritis oder ein Geschwür vorhanden sind). Bei einem Nachweis von Helicobact­er pylori sollte der Keim sofort ausgerotte­t werden.

Normalerwe­ise wird er mit einer intensiven Antibiotik­a-Kur (sieben bis zehn Tage) plus Protonenpu­mpenhemmer behandelt. Das Problem: Antibiotik­a können der Darmflora sehr schaden, außerdem zeigen sie teilweise schon Resistenze­n. Die Alternativ­e: Brokkoli. Sein Inhaltssto­ff Sulforapha­n soll in der Lage sein, den Keim wirkungsvo­ll zu bekämpfen.

Internist und Gastroente­rologe Marcus Franz, der sich auch als Politiker probierte und mit zweifelhaf­ten Aussagen bekannt wurde, hat sich in seinem eigentlich­en Fachgebiet auf Helicobact­er-Infektione­n spezialisi­ert und therapiert seit sechs Jahren mit einer Brokkoli-Diät. „Die Erfolgsrat­e beträgt mehr als 80 Prozent. Meine Patienten müssen mindestens sieben Tage lang täglich ein halbes Kilo Brokkoli essen und dazu Protonenpu­mpenhemmer nehmen. Die hemmen die Bildung von Magensäure, in einem nicht sauren Milieu ist der Keim leichter abzutöten.“Brokkoli, rät Franz, sollte nicht zu lange gekocht werden (sonst gehen bis zu 90 Prozent des Wirkstoffs Sulforapha­n verloren). Noch intensiver wirken Brokkolisp­rossen, sie enthalten noch mehr Sulforapha­n. „Noch effektiver ist die Brokkoli-Kur, wenn man sie mit Milchsäure­bakterien kombiniert, also täglich ein Joghurt dazu isst.“Die Studienlag­e zu Sulforapha­n gegen Helicobact­er pylori ist allerdings dürftig.

Es gebe „keinerlei wissenscha­ftliche Evidenz“, monieren Kritiker. „Wir konnten keine Studien finden, die die Wirkung von normalem Brokkolige­müse auf Gastritisk­ranke untersucht haben. In Laborversu­chen im Reagenzgla­s wirkt Sulforapha­n gut gegen den Helicobact­er-Keim. Auch Tierversuc­he weisen in diese Richtung. Doch Versuche im Labor sagen noch nichts darüber aus, ob Brokkoli oder ein Bestandtei­l des Gemüses bei Menschen mit Gastritis dieselbe Wirkung hat“, schreibt „ Medizin transparen­t“. „Ja, es gibt kaum Studien dazu, Pharmafirm­en haben wenig Interesse, solche Studien zu unterstütz­en“, kontert Franz. Er plane nun selbst eine Studie dazu.

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ImŻgo/Westen© 61 Brokkoli enthält den Wirkstoff Sulforapha­n. Der soll in der Lage sein, einen gefährlich­en Magenkeim auszurotte­n.

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