Die Presse am Sonntag

Mediale Milde am Ende der Kampagnen

Der Wahlkampf wŻr viel zu lŻng, ©reckig un© gemein. Wie gehen seriöse MŻgŻzine un© ©er BoulevŻr© mit solchen Besch´©igungen um? In ihren Empfehlung­en für ©iesen SonntŻg sin© mŻnche GroãiŻne üãerrŻsche­n© sŻnft un© viel©eutig.

- VON NORBERT MAYER

Am 15. Oktober, der mitten im Herbst milden Spätsommer vortäuscht, heißt es für die Wähler, Farbe zu bekennen. Auch der wechselhaf­te Mediator sollte sich nach so groben Kampagnen für die Nationalra­tswahl festlegen – und das bereits am Samstag, wenn das Blatt gedruckt wird! Ich bin mir noch nicht sicher, aber eines sei verraten: Die von mir relativ wahrschein­lich favorisier­te Bewegung hat einen Spitzenkan­didaten, dessen Name mit „z“endet. Oder auch nicht. Wer weiß, was der Morgen bringt? Wie aber verhalten sich be- rühmte Kollegen? Printmedie­n jagen den Nachrichte­n stets nach. Das macht praktisch jede Festlegung heikel.

Am schlimmste­n trifft es Magazine. Christian Rainer, der Chef des „Profil“, musste schon vor einer Woche bekennen, wem er damals zuneigte. Abgeneigt ist er nur der FPÖ. Sonst scheint er zufrieden: „Schade, dass nicht Kern UND Kurz gewinnen können“, gab sich Rainer in den angeblich letzten Tagen rot-schwarzer Bündnistre­ue elegant mittelgroß-koalitionä­r. Er könne sich an keine Wahl mit besseren Spitzenkan­didaten erinnern. Das mache die Entscheidu­ng zum Luxusprobl­em.

Solch polymorphe Beliebigke­it ist nichts für den Boss des „Falter“. Am Mittwoch stellt Armin Thurnher in seinem Leitartike­l ultimativ fest: „Wer ist der bessere Mann?“Wir wollen darüber hinwegsehe­n, dass die Frage für ein linksalter­natives Blatt gendermäßi­g nicht gerade korrekt ist (Frau Lunacek von den Grünen sollte sich grämen), nein, es ist nicht einmal eine rhetorisch­e Frage, sondern die Ouvertüre zu einem Erlass: Du sollst die Liste des Kurz nicht wählen, weil der einst bei einem Dinner (offenbar wichtiger Leute) gemein zu Thurnher war. Kurz habe ihn mit falschen „Falter“- Fakten düpiert. Man sieht, vorm Anpatzen sind selbst zarte „Falter“nicht gefeit. Ein Abendessen reicht dem Chefredakt­eur und Herausgebe­r für eine „eindeutige Antwort, historisch untermauer­t“– ja, die SPÖ sei in einem desolaten Zustand, ja, Kern habe Berater Silberstei­n engagiert, aber: „Christian Kern ist der bessere Kanzler.“Nun, für solche Erkenntnis braucht es kein Kurz-Grillen, es genügte ein mitfühlend­es Interview des „Falter“mit Kern, um auf diese aalglatte Wahlempfeh­lung zu kommen.

Kommen wir von Qualitätsb­lättern zum reinen Boulevard. Was haben sie vorgefühlt? Christian Nusser, Chefre- dakteur von „Heute“blickt in seinem Kommentar am Freitag gleich bis zum Montag voraus: „Klar ist, dass eine Zeit der Einkehr kommen muss. Scherben kitten. Wie verhindert man, dass ein Wahlkampf noch einmal so entgleist? Wer stoppt die politische­n Wanderhure­n, die dort anheuern, wo das Geld herkommt, aber Gift fürs Klima sind?“

Parbleu! So viel Selbstkrit­ik hätten wir einem Gratisblat­t nicht zugetraut. Wozu an den Unsinn und die Gemeinheit­en von gestern denken? Wolfgang Fellner, Herrscher über „Österreich“dekretiert nach dem „emotionals­ten, schmutzigs­ten, im Stil tiefsten, von den Kandidaten her besten Wahlkampf der Republik“knallhart: „Es ist höchste Zeit für einen Neustart . . .“Die Wähler hätten dafür eine eine ausgezeich­nete Auswahl. Fellner schwärmt von Strolz, Pilz, Lunacek, Kern, Strache. Lauter Neophyten! „Und Sebastian Kurz ist fast die ideale Verkörperu­ng für einen Neustart.“Potztausen­d! Man fragt sich sofort: Was hat dieses Gratis-Universalb­ekenntnis die Parteien gekostet? Und was wird es Österreich bringen?

Die „ Kronen Zeitung“hielt sich am Samstag mit Kommentare­n zur Wahl zurück, hatte aber schon eine Ahnung, was demnächst dräut: „Politiker schon auf Brautschau“titelte das Blatt und setzte auf sensible Deutung der Körperspra­che bei der Elefantenr­unde im ORF am Donnerstag. Fazit: „Da kann jeder mit jedem, nur Kurz blieb weitgehend alleine.“FPÖ-Chef Strache und SPÖ-Chef Kern sind also das Traumpaar für die „ Krone“. Aber für diese Mesallianc­e fehlt garantiert noch der Segen von „Falter“, Fellner und „Profil“.

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Reuters Beson©ers hŻrt ist es für Printme©ien, ©en NŻchrichte­n Żn wil©en WŻhltŻgen hinterherz­ujŻgen.

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