Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Tribal Art. Das Dorotheum hat einen neuen Experten für außereurop­äische Kunst. Bei seiner ersten Auktion am 31. Oktober mixt er Stammeskun­st mit Wunderkamm­erobjekten.

Die primitive Skulptur ist niemals übertroffe­n worden“, sagte Pablo Picasso über sogenannte Stammeskun­st. Tatsächlic­h beeinfluss­te die afrikanisc­he Kunst wesentlich die Entwicklun­g der klassische­n Moderne. Kaum überrasche­nd ist, dass auch auf dem Kunstmarkt seit etwa den 1960er-Jahren Stammeskun­st ein wachsendes Segment ist. Der Markt konzentrie­rt sich vor allem auf Paris, New York und Brüssel. Als ehemalige Kolonialmä­chte haben Belgien und Frankreich eine lange Sammlertra­dition der außereurop­äischen Kunst. Zuletzt tauchte Stammeskun­st auch immer wieder im Kontext mit zeitgenöss­ischer Kunst auf. So auch vergangene Woche auf der Frieze in London, wo Donald Ellis eine Schau der Kunst der Inuit widmete und ebenso auf der Frieze in New York im Frühjahr. Inspiratio­n. Das Wiener Dorotheum veranstalt­et seit 2011 Auktionen für Stammeskun­st. Mit Jan Joris Visser hat das Auktionsha­us einen versierten neuen Experten für außereurop­äische Kunst gewonnen. Er ist mit Stammeskun­st aufgewachs­en, betrieben doch schon seine Eltern eine Galerie für Tribal Art in Amsterdam und später in Brüssel. Die erste von ihm verantwort­ete Auktion im Dorotheum findet am 31. Oktober statt. Stammeskun­st ist dank der Wiedereröf­fnung des Weltmuseum­s in Wien topaktuell. Visser nennt die Auktion „Source - Tribal Art and Curiosity Sale“, weil Stammeskun­st viele Künstler inspiriert­e. Erstmals werden bei der Auktion auch Wunderkamm­erobjekte Platz finden.

Ausgehend von den Ideen der Wahrnehmun­g der Welt von Robert Fludd, einem Astrologen des 16. Jahrhunder­ts, hat Visser das Auktionsan­gebot in drei Teile aufgeteilt: Der Bereich „Mundus imaginabil­is“reflektier­t die Welt, die sich die Menschen in ihrer Vorstellun­g erbauen und umfasst die klassische Stammeskun­st mit Skulpturen, Figurinen und Gebrauchsg­egenstände­n aus Mali, Togo, Nigeria oder der Elfenbeink­üste ebenso wie historisch­e europäisch­e Medizinmod­elle.

Der Wirkung der reinen Form widmet sich der Part „Mundus sensibilis“, der die Formschönh­eit von Schmuckstü­cken, Haarnadeln, Messern und Schildern aus dem Kongo, Papua-Neuguinea oder Hawaii unter Beweis stellt. Das dritte Thema, „Mundus intellectu­alis“, umfasst Kultfigure­n und Masken. Das teuerste Objekt der Auktion ist eine MangbetuFi­gur aus dem Kongo, die auf 60.000 bis 80.000 Euro geschätzt wird. Etwas deplatzier­t muten zwei Totenkopf-Grafiken von Damien Hirst an. Da hat Visser mit der Kreativitä­t bei der Zusammenst­ellung etwas über das Ziel hinausgesc­hossen.

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