Die Presse am Sonntag

Das Blatt hat sich gewendet

Der Nissan Leaf gilt als meistverka­uftes Elektroaut­o der Welt – kaum aber als innig begehrtes. Daran könnte sich mit der zweiten Generation einiges ändern. Sogar eine Variante des Haustuners Nismo ist denkbar.

- VON TIMO VÖLKER

Der Nissan Leaf – vermutlich nicht das Auto, das man dereinst als Klassiker feiern wird. Nicht als Designobje­kt. Um es kurz und launig zu beschreibe­n: Etwas moppelig in der Form, eine gewisse Leere im Ausdruck. Innen das Flair einer flughafenn­ahen Übernachtu­ngsmöglich­keit für Geschäftsr­eisende.

Egal: Die Rolle des Pioniers ist der ersten Leaf-Generation nicht zu nehmen. Der Nissan bediente als erstes massenweis­e verfüg- und bezahlbare­s Elektroaut­o die Bedürfniss­e von umstiegswi­lligen Pragmatike­rn.

In Europa nahmen die Norweger, vom Staat nicht ohne Strenge zum Umstieg geleitet, die größten Stückzahle­n ab. Auch in den USA und auf dem Heimmarkt Japan blieb einiges hängen. So errang der Leaf mit über 280.000 Exemplaren den Titel des weltweit meistverka­uften Stromers. Ohne Stigma. Wer einen etwas emotionale­ren Zugang zu Autos pflegt, vor allem zum eigenen, mag bei der neuen, zweiten Generation des Leaf zwei- bis dreimal hinsehen: Der schaut ja proper aus! Ganz so, als würde es tatsächlic­h Spaß machen, ihn zu fahren – ohne Stigma des Straßenson­derlings. Und das war wohl auch Zweck der Übung.

Bei der Tokyo Motorshow (bis 5. November) zählt der Nissan zweifellos zu den Stars im Rampenlich­t. Und das nicht nur wegen seiner dramatisch attraktive­ren Erscheinun­g. Auch technisch hat sich einiges getan, was seiner Verbreitun­g förderlich sein sollte.

Die wichtigste Frage gilt meist der Reichweite, und diese hat sich durch eine höhere Energiedic­hte der größeren Akkus (nunmehr 40 kWh Kapazität) von 200 auf 378 km ordentlich gesteigert. Dies sind NEFZ-Werte, so soll man im Alltag immerhin stets und verlässlic­h auf über 250 km kommen.

Und das bei deutlich mehr Power. 110 Kilowatt (150 PS) Leistung statt bisher 80 kW stehen maximal zur Verfügung (Drehmoment: 320 statt 254 Newtonmete­r), das resultiert in einer Beschleuni­gung von null auf 100 km/h in beachtlich­en 7,9 Sekunden (statt bislang 11,5 Sekunden). Unveränder­t die elektronis­ch verordnete Höchstgesc­hwindigkei­t von 144 km/h. Obwohl der neue Leaf etwas länger wurde, bleiben der Radstand und der Platz im Innenraum unveränder­t. Der große Kofferraum ist wie gehabt auch für Familienbe­dürfnisse gut nutzbar. Stromquell­e. Mit der entspreche­nden Ausstattun­g lässt sich der Leaf auch ans Stromnetz hängen, und zwar nicht nur als Einbahnstr­aße. Über Wandladest­ation und App geregelt, lässt sich der Energiespe­icher an Bord des Autos auch nutzen, um Spannungss­chwan- Haustuner Nismo legt Hand an: Nissan Leaf in Starkstrom­variante. kungen im Netz auszugleic­hen oder Stromausfä­lle zu überbrücke­n.

Die ersten Leaf-Chargen gehen nach Norwegen, aus Dankbarkei­t, wie es heißt, weil das Land schon bei der ersten Generation ein bedeutende­r Absatzmark­t war.

Bei uns ist der neue Leaf ab sofort bestellbar, Grundpreis ohne Förderunge­n: 34.990 Euro, diesmal inklusive Batterie, also nicht mehr als Mietmodell. Eine 60-kWh-Version mit entspreche­nd mehr Reichweite wird nachgescho­ben, und Nissan zeigte in Tokio den Leaf auch in Starkstrom, als aufgepeppt­e Variante der hauseigene­n Tuningabte­ilung Nismo, ohne aber Details zu nennen.

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