Torspektakel im Namen des Scheichs
Was passiert, wenn der beste Trainer der Welt die teuerste Fußballmannschaft der Geschichte coacht? Ein Blick nach Manchester.
Larry Kayode, immerhin Österreichs Torschützenkönig der vergangenen Saison, war nur eine Fußnote im Transferwahnsinn dieses Sommers. Doch der Austrianer gab am Ende den Ausschlag: Kayode war die letzte Verpflichtung von Manchester City und hat damit trotz seiner im Vergleich mickrigen Ablösesumme von 3,8 Millionen Euro dem Premier-League-Klub den Titel der teuersten Mannschaft der Fußballgeschichte beschert. Insgesamt hat der Scheich-Klub für seinen gesamten aktuellen Kader nämlich 853 Millionen Euro auf den Tisch gelegt, knapp dahinter auf Platz zwei folgt Paris St. Germain mit 850 Millionen (inklusive 222 Mio. für Neymar und 180 Mio. für Mbappe).´
Erstellt haben dieses Ranking die Statistikexperten des CIES Football Observatory in Neuchatel.ˆ Wenig überraschend dominiert England, wo Geld dank milliardenschwerer TV-Verträge keine Rolle mehr spielt und schon für bessere Durchschnittsspieler Unsummen gezahlt werden. Die Premier League stellt sechs der zehn teuersten Kader, österreichischer Klub scheint in den Top 100 keiner auf.
Erstmals spiegelt sich die englische Finanzkraft heuer auch sportlich wider. Vier der fünf Premier-League-Ver- treter in der Champions League führen ihre Gruppe an, einzig Chelsea ist Zweiter. Von ihren 20 bisherigen Partien haben Englands Klubs 15 gewonnen und erst eine verloren. Weil die englische Misere stets in der K. o.-Phase ihren Lauf nimmt, heißt das noch nichts, bisher aber sind vor allem die Großklubs aus Manchester eine Klasse für sich: United und City sind noch makellos (vier Spiele, vier Siege, 10:1 bzw. 12:3 Tore). City hat mit einem 4:2 beim italienischen Spitzenreiter Napoli das Achtelfinalticket bereits fixiert, Sergio Agüero ist seither mit 178 Toren der alleinige Rekordschütze des Klubs. „Sie sind das beste Team in Europa, trai- niert vom besten Coach in Europa“, erklärte Napoli-Trainer Maurizio Sarri.
Unter Pep Guardiola gibt City auch in der heimischen Liga den Ton an, ist mit neun Siegen, einem Remis (am zweiten Spieltag gegen Everton) und 35:6 Toren Tabellenführer. Guardiolas Mannen haben im Schnitt 66 Prozent Ballbesitz und schießen 18,5 Mal auf das gegnerische Tor. Heute kommt es zum Schlager gegen Arsenal (15.15 Uhr, live dazn.com), doch auch mit den großen Namen hat diese Mannschaft keine Probleme mehr, zuletzt wurde Liverpool 5:0 abgefertigt. City hat Guardiolas Stil verinnerlicht: Ballbesitz, Kurzpassspiel, Druck von den Flügeln.
Heuer hat der katalanische Starcoach zudem seine Defensive aufgerüstet. Ihm stehen nun die drei teuersten Verteidiger der Fußballgeschichte zur Verfügung: Benjamin Mendy (57,5 Millionen Euro Ablöse, derzeit verletzt), Kyle Walker (51 Mio.) und John Stones (55,6 Mio.). Die Rechnung übernimmt die von Scheich Mansour bin Zayed al-Nahyan aus Abu Dhabi kontrollierte City Football Group. Sie besitzt neben Manchester City (seit 2008) auch Vereine in New York, Melbourne, Yokohama und Montevideo. Vergleich mit Bar¸ca. Erklärtes Ziel der Scheichs ist der Champions-LeagueTitel, dafür wurde Guardiola 2016 nach Manchester geholt, daran wird er gemessen. Und dafür gibt es so viel Geld wie noch nie. In Barcelona (2008–2012) gab Guardiola 325 Millionen Euro für Spieler aus, bei Bayern München (2013–2016) knapp 200 Millionen, und nun bei City bisher schon 460 Millionen. Es macht sich bezahlt. David Silva, Citys spanischer Welt- und Europameister, meinte zuletzt, der Fußball seiner Mannschaft käme gar jenem des FC Barcelona unter Guardiola nahe, jedenfalls sei es der beste seit seiner Ankunft in Manchester 2010.
Das bisher letzte Team, das Manchester City bezwingen konnte, war der spanische Aufsteiger FC Girona, als er Mitte August ein Testspiel 1:0 gewann. Bemerkenswert dabei: Der katalanische Klub gehört Guardiola. Gemeinsam mit der City Football Group hält der Spanier seit diesem Sommer 44,3 Prozent am Verein, auch sein jüngerer Bruder Pere ist Teilhaber. In Girona kickt auch Kayode, er hat mit Citys Höhenflug also überhaupt nichts zu tun. Der Ex-Austrianer wurde umgehend an das Farmteam weiterverliehen.