Am besten zehn Kinder oder mehr
Die rŻpi©e wŻchsen©e Bevölkerung AfrikŻs ist eine ticken©e Zeitãomãe. Hunger, Armut un© ©er Druck ŻuszuwŻn©ern sin© ©ie Folge. Ein LokŻlŻugenschein in Niger, ©em ´rmsten LŻn© ©es Kontinents mit ©er größten GeãurtenrŻte.
Ein aufdringlicher Geruch von Sterilisationsmitteln und Körperausdünstungen schlägt einem im Geburtswarteraum entgegen. Die meisten der 15 Schwangeren liegen dicht aneinandergedrängt auf dünnen Matratzen auf dem Fußboden, denn in dem gerade 20 Quadratmeter großen Raum gibt es nur drei alte Metallbetten.
Einige der werdenden Mütter sind krank und stehen unter Beobachtung. Die anderen warten auf den Beginn ihrer Geburt oder einen Kaiserschnitt. „Wir sind völlig überfordert, hier ist es immer voll“, sagt Bawary Ramatou, die leitende Krankenschwester der Entbindungsklinik in Niamey. Es ist die einzige öffentliche Einrichtung dieser Art in der Hauptstadt Nigers, wo Patientinnen zudem gratis behandelt werden.
Unter den wartenden Frauen ist die 30 Jahre alte Alima Abdu. Für sie ist es bereits die sechste Geburt. „Dieses Mal wird alles gut gehen“, sagt sie mit einem hoffnungsvollen Lächeln. Drei ihrer Babys starben, kaum hatten sie das Licht der Welt erblickt. Abdu wurde im Alter von 17 Jahren die zweite Ehefrau ihres heute 55-jährigen Mannes. Mit seiner ersten Gattin hat dieser inzwischen acht Kinder. Das möchte Abdu auch. „Mindestens acht“, sagt sie. Sofern „Gott“es eben zulasse. „Was er mir an Kindern schenkt, werde ich gern annehmen“, beteuert sie mit einem demütigen Blick.
Für Niger sind das normale Familienverhältnisse. Polygamie ist in dem muslimischen Land legal, möglichst viele Kinder, am besten mehr als zehn, gehören zum guten Ton. Rücksicht auf Säuglingstod, Gesundheit der Mutter und finanzielle Leistbarkeit nimmt niemand. Nicht umsonst steht das westafrikanische, großteils wüsten- und steppenhafte Land mit einer Geburtenrate von 7,8 an der Spitze des Kontinents. Der Ansturm Żuf EuropŻ. Aber was seit Generationen Tradition gewesen sein mag, kann sehr bald in ein Desaster münden. Denn bei diesem Wachstum kann die Bevölkerung nicht mehr ernährt werden. In 15 Jahren werden sich die 20 Millionen Bewohner verdoppelt haben. „Die demografische Entwicklung ist eine tickende Zeitbombe“, warnt Raul Mateus Paula, der Botschafter der EU in Niamey.
Sicherlich ist Niger ein Extrembeispiel, aber ein zu hohes Bevölkerungswachstum betrifft auch andere Länder Afrikas. Laut UN-Schätzungen wird die Gesamtbevölkerung des Kontinents bis 2050 um 100 Prozent auf 2,5 Milliarden steigen. Sollte das nicht gestoppt werden, werden sich Armut und Hunger weiter ausbreiten. „Polygamie und Geburtenkontrolle sind Tabuthemen, müssen aber angesprochen werden, sonst kann es zur Katastrophe kommen“, sagt EU-Botschafter Paula, ein Spanier. Und „Katastrophe“bedeutet für Europa, dass es sich auf den Zustrom von noch mehr Migranten einstellen müsste, denn der Traum vom europäischen Dorado mit paradiesischen Verhältnissen in Rom, Paris oder Berlin ist in Afrika nicht auszumerzen.
Laut Kinderhilfswerk Unicef lebt nahezu die Hälfte der Bewohner Nigers unter der internationalen Armutsgrenze von etwa zwei Dollar pro Tag. Mit steigender Bevölkerung spitzt sich das zu. Und je größer das Elend, desto einfacher können islamistische Terrororganisationen wie Boko Haram und alQaida Mitglieder rekrutieren. Beide sind zur Bedrohung von Stabilität und Sicherheit in Nord- und Westafrika geworden. Ständig gibt es Überfälle in Niger, Mali, Nigeria und Burkina Faso.
Bisher sind nur wenige Bewohner Nigers Richtung Europa gezogen. Aber das kann sich schnell ändern, wenn sich die Krise verschärft. Botschafter Paula lobt die Regierung Nigers, die einen Prozess des Umdenkens angestoßen habe. Selbst Präsident Mahamadou Issoufou habe im Fernsehen für Familienplanung plädiert. „Natürlich haben wir als EU auf Veränderungen gedrängt“, gibt der EU-Vertreter offen zu. „Jetzt hoffen wir auf ein neues Gesetz, das die Schulpflicht von Mädchen bis 18 Jahren einführt.“So könnten Frühehen von Mädchen und deren Schwangerschaft verhindert werden.
Spitzenreiter in AfrikŻ: Die GeãurtenrŻte in Niger liegt ãei 7,8 Kin©ern pro FrŻu.
Weit über 600 Millionen Euro hat die EU für Niger bis 2020 zur Verfügung gestellt. Die dringendsten Mängel sollen behoben werden. Dazu gehören das mangelhafte Schulsystem, unvollständige Gesundheitswesen, die miserable Infrastruktur und die unglaubliche Geburtenrate. Für die EU läuft das unter dem Titel „Prävention“: Die Migration von möglicherweise Millionen Menschen soll verhindert werden. „Wir müssen Niger unbedingt stabil und sicher halten“, betont Paula. „Wobei es eigentlich notwendig wäre“, ergänzt er nachdenklich, „dass wir all das, was wir in Niger durchführen, auf die ganze Region ausdehnen.“Allerdings ist nicht nur Westafrika eine Zeitbombe, und die Liste der afrikanischen Länder, die Hilfe brauchen, ist lang. Dörfer zur H´lfte Żus Kin©ern. Dioga ist eines der typischen Dörfer Nigers. Es liegt rund 60 Kilometer südwestlich der Hauptstadt, Niamey, und ist über holprige Pisten zu erreichen. Die Häuser sind aus Lehm, es gibt weder Strom noch fließendes Wasser. Auf dem Land erkennt man sofort, wie akut die Lage ist. Weit über die Hälfte der 5000 Niamey