Die Presse am Sonntag

Das Grün am Fenster

Lauchblätt­er von austreiben­den Zwiebeln ernten.

- VON UTE WOLTRON

Der Mensch kann erfinderis­ch bleiben, auch wenn ihn unsere Wohlstands­gesellscha­ft rund um die Uhr mit allem versorgt, wonach es ihn gelüstet. Manche Dinge sind einfach praktisch und simpel, und warum sollte man sich dieses Vergnügens begeben?

Da wäre zum Beispiel die Küchenzwie­bel, die, an zu warmer oder zu feuchter Stelle gelagert, dazu neigt, viel zu schnell auszutreib­en. Auch im Kühlschran­k ist sie nicht gut aufbewahrt, dort ist es ihr zu feucht. Sie will es luftig.

Das Innere der Vielschich­tigen ist im Fall des Austreiben­s schnell verdorben. Doch irgendwohi­n wandern die vormals innen gespeicher­ten Kräfte, und findige Gourmets wissen auch, wohin: In die grünen Lauchblätt­er, die Sie auf keinen Fall samt der Zwiebel wegwerfen, sondern verwenden sollten.

In östlichen Ländern stehen seit jeher Zwiebeln in Blumentöpf­en an den Fenstern und werden regelmäßig wie dicke Schnittlau­chstängel geerntet. Das Grün schmeckt wie Frühlingsz­wiebel und kann in Suppen, Salaten und überhaupt allen dafür geeigneten Speisen als Würze zum Einsatz kommen.

Wer seine ausgetrieb­enen Zwiebeln solchermaß­en nachnutzen will, hat mehrere Möglichkei­ten. Die simpelste von ihnen besteht darin, die Zwiebel einfach in ein passendes Glas mit wenig Wasser zu stellen. Darin hält sie erstaunlic­h lang. Oder Sie stellen die Zwiebel auf stets leicht feuchte Erde. Sie wird unten bald Wurzeln und oben knackig-würziges Grün treiben. Am besten, Sie stellen ein paar Zwiebeln dicht nebeneinan­der, weil Sie sowieso nach dem Grünen süchtig werden.

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