Geheimwaffe Constance
Der Franzose Jean Echenoz entführt nach Nordkorea, wo es einen ebenso brisanten wie absurden Auftrag zu erfüllen gilt. Man muss es mögen, beim Lesen eines Romans direkt angesprochen zu werden. Wenn man das nicht mag, könnte man mit der Lektüre von „Unsere Frau in Pjöngjang“ein Problem bekommen. Und das wäre sehr schade – für die Leser! Sie würden damit nämlich einen äußerst erfrischenden französischen Krimi verpassen.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Constance, eine attraktive Frau, „einem Abenteuer nicht abgeneigt“. Dass sie entführt wird und für den französischen Geheimdienst einen delikaten Auftrag in Nordkorea erledigen soll, kommt ihr gerade recht. Ihr (Noch-)Ehemann, ein Musikproduzent, der noch immer von einem längst verblassten Erfolg mit einem Nummereins-Hit zehrt, scheint sie nicht recht zu vermissen und lässt Lösegeldforderungen unbeachtet. Ein General, der seinen letzten großen Coup landen will, ein unbestechlicher Oberst, Kleinkriminelle in Jogginganzügen, ein Staranwalt, der sich mit der Mafia eingelassen hat: Es sind in erster Linie die skurrilen Helden, von denen dieser Krimi lebt.
Und natürlich von den Rollen, die ihnen der französische Autor Jean Echenoz zugeschrieben hat. Augenzwinkernd erzählt er, wie sich diese Helden eben nicht an ihre vorgeschriebenen Parts halten wollen. Der Erzähler wendet sich konsequent und konspirativ an den Leser, verstrickt ihn in ein Zwiegespräch. Krimi, Agententhriller oder bloß Parodie? Von allem ist etwas drin – am meisten aber Spaß für den Leser. Jean Echenoz: „Unsere Frau in Pjöngjang“, übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel, Hanser, 288 Seiten, 22,70 Euro.