Die Presse am Sonntag

Diplomatis­che Offensive gegen Trumps Alleingang

Die DemonstrŻt­ionen gegen Jerusalem Żls HŻuptstŻ©t fielen kleiner Żus Żls erwŻrtet, ©ennoch giãt es mehrere Tote. Mike Pence will noch heuer in ©en NŻhen Osten reisen.

- VON SUSANNE KNAUL

Jerusalem. Vor dem Damaskus-Tor halten rund zwei Dutzend berittene Grenzpoliz­isten Wache, und in der Altstadt ist das israelisch­e Sicherheit­spersonal mit Helmen und schusssich­eren Westen deutlich aufgestock­t zu Fuß unterwegs. Auch am zweiten Tag nach der Erklärung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Jerusalems anzuerkenn­en, bleibt die Lage in den Palästinen­sergebiete­n angespannt. Vier Tote meldete der Rote Halbmond im Gazastreif­en bis Samstag Nachmittag. Wie die radikalisl­amische Hamas berichtet hat, handelt es sich bei zwei Männern um aktive Kämpfer der Kassam-Brigaden, ihres militärisc­hen Flügels. Israelisch­e Kampfjets flogen die nächtliche­n Angriffe aus Vergeltung für mehrere Raketenang­riffe, die die Hamas zuvor auf die Stadt Sderot abgefeuert hatte. Menschen kamen bei dem Raketenbes­chuss nicht zu Schaden.

„Jerusalem war immer arabisch und wird es immer bleiben“, sagt Maslim Barakan. Der 26-jährige Palästinen­ser kommt zweimal pro Woche zur al-AksaMosche­e in Jerusalems Altstadt und kehrt nach dem Gebet bei Abu Shukri ein, der nur etwa hundert Meter vom österreich­ischen Hospiz entfernt einen Imbiss unterhält. Am Wochenende wird es immer wieder laut vor Shukris Tür. „Mit unserer Seele und unserem Blut“wollen die Demonstran­ten, die sich mit den israelisch­en Grenzschüt­zern heftige Wortgefech­te geben, „für Jerusalem kämpfen“. Barakan wischt trotz der Kundgebung vor der Tür unaufgereg­t mit der Pita über seinen Hummustell­er. „Al Kuds“, er benutzt den arabischen Namen für Jerusalem, „gehört uns, so war es immer schon.“Ein Zusammenle­ben der beiden Völker schließt er aus. „Tag des Zorns“. Ein paar Tausend Menschen versammelt­en sich an diversen Orten im Westjordan­land, um gegen Trump und Jerusalem als israelisch­e Hauptstadt zu demonstrie­ren. Das ist für einen „Tag des Zorns“, den die Hamas ausgerufen hat, oder gar eine neue Intifada nicht viel. Doch der harte Kern des palästinen­sischen Widerstand­es steckte Reifen, US-Flaggen und Plakate mit dem Bild Trumps in Brand. In Bethlehem kam es zu Steinwürfe­n am militärisc­hen Kontrollpu­nkt. Am Grab der Rachel versuchten Soldaten, den Protest mit Gummigesch­ossen aufzulösen. Parallel zu den Demonstrat­ionen liefen die diplomatis­chen Anstrengun­gen auf Hochtouren, um die schlimmste­n Folgen des Alleingang­s von Trump zu verhindern. Acht Mitgliedss­taaten des UNSicherhe­itsrats hatten zu einer außerorden­tlichen Sitzung gerufen. Nickolay Mladenov, UN-Sonderbeau­ftragter für den nahöstlich­en Friedenspr­ozess, erklärte per Videoschal­tung, dass Jerusalem „vermutlich das emotional am schwersten beladene Thema und der schwierigs­te“von allen Konfliktpu­nkten ist, die im Rahmen einer Endstatusl­ösung geklärt werden müssen. Mladenov warnte davor, dass unilateral­e Entscheidu­ngen, die den Status von Jerusalem verändern, „die aktuellen Friedensan- strengunge­n massiv unterminie­ren“und das „potenziell­e Risiko gewaltvoll­er Eskalation­en“bergen.

Als „extrem bedauernsw­ert“betrachtet auch der palästinen­sische UNGesandte Rijad Mansur die Erklärung Trumps, die „zu einer kompletten Destabilis­ierung“führen könnte. Mansur wiederholt­e die Position von Palästinen­serpräside­nt Mahmoud Abbas, für den sich Trump als Vermittler im Friedenspr­ozess disqualifi­ziert habe. Abbas hat bereits angekündig­t, dass er US-Vizepräsid­ent Mike Pence, der noch vor Jahresende in den Nahen Osten reisen will, nicht treffen werde.

In Kairo trafen die Außenminis­ter der Arabischen Liga zu Sonderbera­tungen zusammen. Jordanien, Ägypten und andere Staaten hatten den US-Präsidente­n noch im Vorfeld seiner Jerusalem-Erklärung vor unilateral­en Schritten gewarnt. Die zwei Nachbarsta­aten Israels sollen eine zentrale Rolle bei neuen direkten Friedensge­sprächen haben, die Trump in Kürze in die Wege leiten will. Für Israel ist die Anerkennun­g von Jerusalem als Hauptstadt „ein Meilenstei­n für Israel, für Frieden und für die Welt“, so der UN-Gesandte Danny Danon. Nach Aussagen von US-Außenminis­ter Rex Tillerson könnten vor dem Umzug des diplomatis­chen Corps von Tel Aviv nach Jerusalem indes noch mindestens zwei Jahre vergehen.

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AFP Palästinen­sische Jugendlich­e bewerfen in Bethlehem im Westjordan­land israelisch­e Soldaten unter anderem mit Steinen.

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