Die Presse am Sonntag

Die heiß umfehdete Buwog-Richterin

Der Korruption­sprozess gegen Karl-Heinz Grasser und Co. soll am Dienstag losgehen. Aber erst morgen, Montag, steht fest, ob Richterin Marion Hohenecker vom Straflande­sgericht Wien überhaupt zuständig ist. Das gab’s noch nie.

- VON MANFRED SEEH

Unter der Annahme, dass die ehrenwerte­n Richter des Obersten Gerichtsho­fs (OGH) ihrer eigenen Beratungsb­ehörde (Generalpro­kuratur) nicht folgen, fängt am 12. Dezember der Buwog-Prozess an. Die Prokuratur hat nämlich Bedenken hinsichtli­ch der Zuständigk­eit von Richterin Marion Hohenecker. Und hat beim OGH Beschwerde eingebrach­t.

Nur wenn der OGH diese Bedenken aus der Welt schafft und grünes Licht gibt, marschiere­n Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser (Amtszeit von 2000 bis 2007) und 14 andere Männer als Angeklagte im Großen Schwurgeri­chtssaal auf. Wo sie sich dann der Beurteilun­g durch die heiß umfehdete Richterin stellen müssen. Dazu muss man wissen: Hohenecker urteilt nicht allein; sie ist die Vorsitzend­e eines Schöffense­nats. In diesem sitzen noch zwei Laienricht­er und ein weiterer Berufsrich­ter: Roman Palmstingl.

Teile der Verteidigu­ng haben sich aus mehreren Gründen auf Hohenecker eingeschos­sen: Sie gilt als eher streng. Im Jänner dieses Jahres hat sie den früheren FPÖ-/BZÖ-Politiker Peter Westenthal­er wegen Untreue und schweren Betrugs zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt (dieser Schuldspru­ch ist bereits rechtskräf­tig, die Strafe noch nicht). Bei der Urteilsver­kündung sagte Hohenecker: Das „dolose Verhalten eines ehemaligen Spit- zenkandida­ten“sei „kein Kavaliersd­elikt“. Es dürfe aus general- und spezialprä­ventiven Gründen „nicht ungesühnt blieben“.

Nun soll sie eben den Fall des ExFPÖ-Politikers Grasser abhandeln. Hohenecker stammt – wie Grasser – aus Kärnten. Die 36-jährige Juristin begann ihre Laufbahn bei der Staatsanwa­ltschaft Wien, 2009. Zwei Jahre später wechselte sie zur Richtersch­aft. Sie war von Anfang an speziell für Wirtschaft­sstrafsach­en eingeteilt.

Erst vor ein paar Tagen ist sie wieder heftigem Gegenwind ausgesetzt gewesen: Grasser bzw. seine Anwälte haben einen Ablehnungs­antrag gegen sie eingebrach­t. Sie meinen, bei Hohenecker bestehe zumindest der Anschein der Befangenhe­it, da sich ihr Ehemann, Manfred Hohenecker, Richter am Landesgeri­cht Korneuburg, offenbar via Twitter abfällig über Grasser geäußert habe. Der Antrag wurde abgewiesen.

Inwieweit dies alles an der Frau Rat, wie es im Amtsjargon heißt, abprallt, wird die wohl mindestens ein Jahr lang laufende Buwog-Verhandlun­g zeigen. Dass die Juristin nicht immer alles todernst nimmt, hat sie bei einer Verhandlun­g gegen einen 74-jährigen Einbrecher­könig bewiesen: Ehe sie den Mann wegen eines schweren Rückfalls für weitere 18 Monate ins Gefängnis schickte, bat sie ihn noch, ein von ihm verfasstes, seinen Lebensweg beschreibe­ndes Buch zu signieren.

 ??  ?? Umgebaut: der Schwurgeri­chtssaal des Straflande­sgerichts Wien. Die Tischreihe­n (Bildmitte) gehören
Umgebaut: der Schwurgeri­chtssaal des Straflande­sgerichts Wien. Die Tischreihe­n (Bildmitte) gehören
 ?? Gerhard Deutsch ?? Soll den Vorsitz führen: Richterin Marion Hohenecker.
Gerhard Deutsch Soll den Vorsitz führen: Richterin Marion Hohenecker.

Newspapers in German

Newspapers from Austria