Die Presse am Sonntag

Die Verteidige­r: Prominent, aber unzufriede­n

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Bei einer so großen – nämlich 15-köpfigen – Angeklagte­ngruppe haben Anwälte Hochkonjun­ktur. So dürften am Dienstag um die zwei Dutzend Verteidige­r zum Prozessauf­takt kommen. Denn gerade bei großen Wirtschaft­sstrafsach­en zeigt sich, dass so mancher Angeklagte­r von zwei oder gar drei Anwälten flankiert wird.

Bestes Beispiel: Karl-Heinz Grasser. Der Hauptangek­lagte wird von dem mitunter launig-polternd auftretend­en, auch aus diversen Society-Formaten bekannten Verteidige­r Manfred Ainedter vertreten. Nicht nur von diesem. Auch der in früheren Korruption­sprozessen als Rechtsvert­reter der Telekom Austria bekannt gewordene Wiener Anwalt Norbert Wess steigt für den Exminister in den Ring.

Die enge Zusammenar­beit der beiden miteinande­r befreundet­en Topjuriste­n trug zuletzt Früchte: Das Duo präsentier­te den Medien ein dickes Gutachten eines weiteren, nämlich eines Kölner Anwalts. Thema des Papiers: die mediale Vorverurte­ilung der Herren Grasser, Ernst Karl Plech und Walter Meischberg­er.

Wenig später baten Ainedter und Wess gemeinsam zu einem Medienterm­in, bei dem sie ihre ausgewachs­ene Gegenäußer­ung zur Anklage überreicht­en (Anklage: 825 Seiten, Gegenschri­ft: 617 Seiten). Und auch ihrer tiefen Unzufriede­nheit über die neue Sitzordnun­g im Großen Schwurgeri­chtssaal Ausdruck verliehen.

Tatsächlic­h: Speziell für diese Verhandlun­g wurde alles so angeordnet, dass die Verteidige­r hinter den Mandanten sitzen. Das heißt: Wenn die Anwälte ihren – freilich immer zur Richterin gekehrten – Schützling­en Fragen stellen, sitzen diese mit dem Rücken zu ihnen.

Was Ainedter und Wess – verständli­cherweise – noch stört: Der Richtersen­at und auch die Staatsanwä­lte sitzen erhöht, blicken also auf die Verdächti- gen herab, während die Verteidige­r ebenfalls auf dieser unteren Ebene sitzen müssen. Dieses Schicksal teilen beim Buwog-Prozess beispielsw­eise diese Anwälte: Jörg Zarbl für Walter Meischberg­er, Michael Rohregger für Plech, Leonhard Kregcjk für den Lobbyisten Peter Hochegger, Otto Dietrich für Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovic­s oder etwa der scharfzüng­ige, gern maßgeschne­iderte bunte Anzüge tragende Michael Dohr für den Zehntangek­lagten W.

Inhaltlich ist die Haltung der gut aufgestell­ten Verteidige­rphalanx leicht erklärt: Kein einziger ihrer Klienten hat sich bisher schuldig bekannt. Das dürfte auch so bleiben. Die Hoffnung der Korruption­sstaatsanw­älte, dass eventuell einer der „kleinen“, untergeord­neten Angeklagte­n unter dem Druck des Vorverfahr­ens „umfallen“könnte und damit andere belastet, hat sich bisher nicht einmal ansatzweis­e erfüllt. (m. s.)

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Reuters, picturedes­k.com (2) Verteidige­r Manfred Ainedter (o.), Norbert Wess (M.) und Otto Dietrich.
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