Die Presse am Sonntag

Die unterschät­zten Oberstaats­anwälte

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Sie haben eine Anklagesch­rift verfasst, die durch epische Breite und eine Aneinander­reihung von geradezu bedrohlich wirkenden Schachtels­ätzen gekennzeic­hnet ist. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g sind sie sozusagen die diskret-zurückhalt­enden Schattenmä­nner im Dienst der zentralen Korruption­sstaatsanw­altschaft: die beiden Oberstaats­anwälte Gerald Denk und Alexander Marchart.

Am 20. Juli 2016 haben sie ihre Unterschri­ften unter ihr bisher mit Abstand größtes Werk, die 825-SeitenBuwo­g-Anklage, gesetzt. Eine Anklage, die versucht, eine Fülle von Querverbin­dungen, Vernetzung­en und Kontobeweg­ungen nachzuzeic­hnen, der es aber an sprachlich­er Gediegenhe­it fehlt. Dennoch könnte sich gerade dieses Papier, das dem geneigten Leser doch ein vielsagend­es Gesamtbild liefert, als eine für die Angeklagte­n giftige Schrift erweisen. Möglicherw­eise werden die unauffälli­gen Anklagever­treter in ihren schwarzen Talaren ob ihrer Zurückhalt­ung unterschät­zt.

Was in der Anklage steht: Grasser habe gemeinsam mit nunmehrige­n Mitangekla­gten schon im Jahr 2000 einen „Tatplan“entwickelt, der darauf hinauslauf­en sollte, „finanziell­e Vorteile für parteilich­e Entscheidu­ngen bei Verkaufspr­ozessen, Privatisie­rungen oder Auftragsve­rgaben der Republik Österreich zu erlangen“.

Der Plan habe vorgesehen, dass Grasser „für derartige Entscheidu­ngen Geld von Bietern und anderen Interessen­ten fordern, sich verspreche­n lassen und annehmen“sollte, „selbst jedoch den Bietern und Interessen­ten gegenüber nicht auftreten sollte“Hingegen sollten Walter Meischberg­er, Ernst Plech und Peter Hochegger „die entspreche­nden Forderunge­n von Mag. Karl-Heinz Grasser überbringe­n, als Kommunikat­ionsschnit­tstelle dienen, sich um die Abwicklung der auf sie aufzuteile­nden Zahlungen sowie um die Schaffung der Strukturen und Unternehme­nsgeflecht­e zur Verschleie­rung der Zahlungen kümmern“. Ja, es liest sich spröde. Aber so ist sie eben, die Anklagesch­rift, der man allerdings schon anmerkt, dass sie nicht mit dem einen, dem schlagende­n Beweis aufwarten kann.

Mitangekla­gt sind unter anderem (siehe unten) auch etwa der frühere Immofinanz-Vorstand Christian Thornton, der frühere Raiffeisen-OÖ-Generaldir­ektor Ludwig Scharinger, der Ex-Raiffeisen Landesbank-OÖ-Vorstand Georg Starzer. Oder etwa der Rechtsanwa­lt Gerald Toifl. Für sie gilt freilich die Unschuldsv­ermutung.

Übrigens: Denk und Marchart hatte Seite an Seite bereits einen gemeinsame­n Auftritt, der von Beobachter­n als Generalpro­be für die Buwog-Verhandlun­g gesehen worden war: Im Prozess um eine 600.000-Euro-Provision, die ein gewisser Walter Meischberg­er für ein Münchner Hotelproje­kt illegal kassiert haben soll, vertraten sie die Anklage. Damals kam das Gericht dem Verurteilu­ngswunsch der beiden Herren in Schwarz nicht nach. Meischberg­er wurde erstinstan­zlich freigespro­chen. (m. s.)

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