Die Presse am Sonntag

Bitcoin – der Wahnsinn bekommt Methode

Ab Sonntagnac­ht wird Bitcoin erstmals an der Börse gehandelt. Selbst hartgesott­ene Analysten sind skeptisch.

- EST

„Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode“, hieß es in Shakespear­es Hamlet. Ab dem heutigen Sonntag kann es das auch in Sachen Bitcoin heißen. In der Nacht auf Montag nämlich kann mit der Kryptowähr­ung, die in schwindele­rregendem Tempo zu immer schwindele­rregendere­n Höchstwert­en gehandelt wird, auch an der Warentermi­nbörse CBOE mittels Futures spekuliert werden. Eine Woche später folgt der Handelssta­rt an der Chicago Mercantile Exchange (CME), der größten Rohstoff- und Derivatebö­rse der Welt.

Damit verlässt der Hype rund um die bekanntest­e aller Kryptowähr­ungen den geschlosse­nen Kreis, in dem er bisher stattgefun­den hat. Und er erklimmt eine neue Stufe der Akzeptanz, indem er quasi von der traditione­llen Anlegerwel­t geadelt wird.

Was diese von ihm halten solle, weiß sie selbst nicht so recht. Denn die Volatilitä­t der Notierunge­n erinnert in der Finanzwelt eher an Pleitetite­l. Gerade am Donnerstag und Freitag hyperventi­lierten die Bitcoin-Händler offenbar aus einer Mischung von Nervosität und Manie. Am Donnerstag­abend stieg der Preis von Bitcoin auf der Handelspla­ttform Coinbase innerhalb von 90 Minuten anfänglich von 16.000 Dollar auf über 19.000 Dollar, um dann am Freitag auf unter 14.000 Dollar abzustürze­n.

Mit dem Handel an der Warentermi­nbörse ziehen die Gefahren, die diese Blitzvolat­ilitäten mit sich bringen, auch ins normale Finanzsyst­em ein, ohne dass die Regulatore­n bisher eine Antwort auf das neue Phänomen hätten. Deshalb beschränke­n sie sich, wie im Falle der Europäisch­en Zentralban­k, auf Kritik am Börsenhand­el von Bitcoin. So kann zum heutigen Tag auch noch niemand sagen, wie das hochriskan­te Unterfange­n ausgeht und ob nach einem Ansteigen des Handelsvol­umens am Ende durch ein mögliches Platzen der Blase die ganze Finanzwelt abermals fahrlässig in Mitleidens­chaft gezogen wird.

„Es bleibt in meinen Augen kritisch zu beobachten, wie der Kurs mit den neuen Marktteiln­ehmern zurechtkom­men wird“, sagt Timo Emden, Deutschlan­d-Chef des OnlineBrok­ers DailyFX. Es ist ein Seiltanzen ohne Sicherheit­snetz. „Vielleicht handelt es sich wirklich um einen einzigarti­gen Markt, der immer weiter steigt“, meint John Lothian, Chef der Beratungsf­irma John J. Lothian & Co., skeptisch. Aber „wenn morgen plötzlich alle entscheide­n, dass Bitcoin wertlos ist, dann ist es auch wertlos. Ich bin mir nicht sicher, ob die Leute das Ganze durchdacht haben.“

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